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"Dialekt ist ausdrucksvoller, weil er Gefühle anders bündelt"



Du bist eine der Wenigen, die Prosatexte im Dialekt verfassen. Wann entscheidest du dich für den Dialekt?

Der Inhalt des Texts gibt die Sprache vor. Ist der Text näher am Erlebten, verlangt er oftmals Dialekt. Dialekt ist ausdrucksvoller, weil er Gefühle anders bündelt, aber gleichzeitig vieles offen lässt. Dieses Abstrahieren ist das »Gscheite« am Dialekt, dem oft das Einfache zugeordnet wird. 


Du bist im nördlichen Waldviertel aufgewachsen, dann aber nach Wien gegangen. Mittlerweile lebst du wieder im Waldviertel. Hat sich dein Dialekt durch den Ortswechsel verändert?

Meinen Waldviertler Dialekt habe ich nie abgelegt, durch meine Zeit in Wien aber bestimmt etwas abgeschwächt. Durch die gewonnene Distanz und die Rückkehr ins Waldviertel nehme ich die Stärken des Dialekts als Ausdrucksmittel intensiver wahr. 


In deinen Texten geht es oft um die verborgenen Dinge. Um die Einsamkeit, die sich dadurch äußert, dass man sich einen Kellner herbeiwünscht, der einfach nur zuhört. Um den Bürgermeister, der sich zu Hause anders gibt als vor seinen Wähler:innen. Oder auch um Dinge, die bleiben, wenn Menschen gehen.  Wie entstehen deine Texte? 

Wir alle tragen unzählige Geschichten in uns herum. Die Texte sind gut versteckt. Durch Impulse von außen drängen sie an die Oberfläche. Manchmal passiert das in Form einer Explosion. Da unterbreche ich am besten das, was ich gerade tue, und schreibe es sofort auf. Bei manchen Texten weiß ich, wo sie vergraben liegen. Diese muss ich vorsichtig freilegen. Die verwendete Sprache birgt Überraschungen. 


Was liest du besonders gerne? Und liegt auf deinem Nachttischchen manchmal Literatur im Dialekt?

Mein Nachttischchen ist eine Kommode, auf der sich immer (zu) viele Bücher stapeln, die gelesen werden wollen. Da findet sich viel österreichische Literatur, aber ich tauche auch gerne in andere Welten, wie die von Stephen King, ein. Dialekt lese ist nicht besonders viel. Durch einen Artikel in der Wiener Zeitung bin jedoch ich auf Josef Mayer-Limberg gestoßen, den ich immer wieder zur Hand nehme, weil mich sein gebündelter ausdrucksvoller Dialekt beeindruckt. 


Wenn du jemandem, der noch nie dort war, das Waldviertel und seine Menschen beschreiben müsstest – wie würdest du es tun? Gibt es DAS Waldviertel überhaupt?

Im Waldviertel gibt es Naturnähe, aber auch Rauheit. Das beeinflusst die Menschen. Durch die kleinen Orte, eingebettet in weite Felder, entstehen kleine Mikrokosmosse. Diese eröffnen, auch durch das Zusammentreffen sozialer Unterschiede, große Welten.  

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Morgenschtean – Die Österreichische Dialektzeitschrit

Hg von: Ö.D.A. – Österreichische Dialektautor:innen

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