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- Kritische Lieder
Wiener Liedermacher im Konzert und im Gespräch Die Gesprächskonzertreihe stellt die Vertreter der Liedermacher-Szene aus Wien in den 1970er Jahren mit ihren Songs von damals und ihrer aktuellen Tätigkeit vor. Erzählt werden persönliche Erinnerungen und Geschichten von damals – die Gespräche werden von Ulli Fuchs moderiert. Wie aus einer 30 Jahre zurückliegenden Dissertation ein so wunderbares Projekt entstehen kann, verrät uns Verfasser Philipp Maurer im nächsten Morgenschtean. Deswegen verraten wir hier noch gar nicht zu viel an dieser Stelle. Nur soviel: Das letzte Gespräch führte Ulli Fuchs mit Martin Auer am 16. März 2021. Und wer danach gleich das nächste Interview ansehen oder auch die ganze Diss "Danke man lebt" lesen will: >> Hier geht es zur Website "Kritische Liedermacher"
- Die Literaturzeitschrift DUM wird 30
Die kleinen Literaturzeitschriften sind so etwas wie die winzigen Nebenflüsse des großen Stroms der Literatur, die diesen aber eigentlich am Leben erhalten. Dieser Satz, frei nach William Carlos Williams (1863 – 1963), ist "DUM – Das Ultimative Magazin" wie auf den Leib geschrieben. Talente zu entdecken und zu fördern war und ist nämlich die oberste Maxime von DUM – einer Literaturzeitschrift, die auch der Dialektliteratur jährlich eine eigene Ausgabe widmet. DUM – Das UltimativeMagazin wurde 1992 in Niederösterreich gegründet. Seitdem sind 116 Ausgaben erschienen, die ersten 16 noch im "Untergrund", bevor 1996 schließlich die offizielle Vereinsgründung erfolgte. Insgesamt 984 Autor*innen (461 Autorinnen / 523 Autoren) wurden bisher im DUM veröffentlicht, für viele von ihnen war der Abdruck die erste Veröffentlichung überhaupt. Nicht nur mit dem Erscheinen der Zeitschrift selbst, sondern auch mit seinen Lesungen bietet DUM (noch) unbekannten Autor*innen eine Bühne, die auch von Veranstalter*innen und Verleger*innen wahrgenommen und geschätzt wird. Dadurch ist DUM längst zu einem jener wichtigen Nebenflüsse geworden, die den großen Literatur-Strom im deutschsprachigen Raum am Leben erhalten. Autor*innen, deren literarische Karriere mit einer Veröffentlichung im DUM begann und, waren unter anderem: Marjana Gaponenko – u. a. Adelbert-von-Chamisso-Preis – in DUM # 15 (2000) Dana Grigorcea – u. a. 3sat-Preis beim Bachmann-Preis (2015) – in DUM # 29 (2004) Elias Hirschl – Reinhard-Priessnitz-Preis (2020), aktuell in den Bestsellerlisten mit dem Roman „Salonfähig“ – erstmals in DUM # 67 (2013) Vea Kaiser – ihre ersten beiden Romane „Blasmusikpop“ und „Makarionissi“ wurden zu Bestsellern mit ca. 250.000 verkauften Exemplaren – erstmals in DUM # 28 (2003) Margarita Kinstner – u. a. Shortlist Rauriser Literaturpreis (2014) – erstmals in DUM # 45 (2008) Verena Mermer – u. a. Exil-Literpreis 2016. Der renommierte Residenz Verlag kontaktierte sie aufgrund einer Veröffentlichung in DUM und hat bislang zwei Romane von ihr publiziert – erstmals in DUM # 65 (2013) Der Nino aus Wien – bekannter Liedermacher aus Wien, u.a. Amadeus Award (2016). Veröffentlichung in DUM als Nino Mandl, im selben Jahr bei einer DUM-Präsentation von Plattenfirma entdeckt – erstmals in DUM # 40 (2006) Martin Peichl – u. a. Hans Weigel Stipendium 2018 / 2019, Forum Land Preis 2018, Shortlist Alois Vogel Preis. Zuletzt erschien 2020 bei Kremayr & Scheriau „In einer komplizierten Beziehung mit Österreich“ – erstmals in DUM # 81 (2017) Robert Prosser – u. a. Longlist zum deutschen Buchpreis 2018 mit „Phantom“ – erstmals in DUM # 41 (2007) Die Ö.D.A. gratuliert DUM von Herzen – und freut sich auf die nächsten 30 Jahre bzw. 120 Ausgaben und Lesungen von DUM! Bilder von links nach rechts: 1) Das allererste DUM-Cover für die erste von insgesamt 16 Untergrund-Ausgaben (Dezember 1992) 2.) Die 1. offizielle Ausgabe erschien mit der Vereinsgründung im Herbst 1996. (Vor kurzem erschien die 100. offizielle DUM -Ausgabe!) 4) 2021 erhält DUM den Anerkennungspreise des Landes NÖ für Volkskultur und Kulturinitiativen (Foto mit Gerhard Haderer) 3) Das aktuelle DUM-Team - aufgenommen bei einer DUM-Veranstaltung in Imst >> Lesen Sie die ganze Dum-Story Veranstaltungshinweis: Am 27. Jänner 2022 um 19.00 präsentiert DUM im Zuge der Lesung "30 Jahre DUM" im Literaturhaus Wien zwei Autorinnen und einen Autor, die, bevor sie mit hochgelobten Buchpublikationen in renommierten Verlagen auf sich aufmerksam machen konnten, mehrere Veröffentlichungen in DUM hatten, nämlich Isabella Feimer, Bettina Gärtner und Martin Peichl. Die neue Ausgabe: mit Texten von Johannes Witek * Annemarie Regensburger * Katrin Oberhofer * Angelika Polak-Pollhammer * Ella Theiss * Marlene Schulz * Andreas Lehmann * Silke Gruber * Jan Decker * Roland Grohs * Johanna Schmidt * Hannes Thauerböck * Anna Magdalena Mähr * Elora Marx * ChristiAna Pucher * Boris Grkinic-Lee * Franziska Zussner * Jule Viefhues * flimmern.fischen und einem Interview mit Daniela Dangl Preis: EUR 4.- (EUR 7.- außerhalb Österreichs) Förder-Abo (4 Ausgaben): EUR 15.- (EUR 20.- außerhalb Österreichs) Bestellung: Online, per E-Mail (dummail@gmx.at) oder unter 0664 / 4327973. Lesungen aus dem Heft sowie alle Informationen zu DUM–Das ultimative Magazin auf: www.dum.at
- Traude Veran: Gedanken zur Dialektdichtung
Gerade habe ich ein Büchlein mit Dialekhaiku herausgebracht, daher möchte ich meine Gedanken zum Teil an dieser japanischen Versform festmachen. Haikudichter*innen in Österreich haben schon öfters Dialektstrophen verfasst, die meisten von ihnen aber nur sporadisch und, so kommt es mir vor, ein wenig vorsichtig: Ja, derf ma denn des? Ich meine, all die vielfältigen Dialekte unseres Landes haben es sich verdient, in jeder Form der Lyrik ihre Wirkung zu entfalten. Liebe Dichterinnen und Dichter, gebt Euren Gedanken auch im Haiku so Ausdruck, wia eich da Schnowe gwoksn is! Andernorts geschieht es auch, und das recht erfolgreich: In der letzten Zeit führte mich die Beschäftigung mit der Haikudichtung zu Texten aus dem Niederdeutschen. Das ist an sich kein Dialekt, besitzt aber innerhalb seiner Verbreitungsgebiete verschiedene Ausprägungen, also Dialekte. In Pättkesfahrt ersann Pitt Büerken zunächst Haiku im Münsteraner Platt und fügte dann erst die hochdeutsche Version hinzu. Ich konnte all die geschilderten Episoden mit großem Vergnügen auch in meiner Heimat finden und übersetzte oder versetzte das Buch kurzerhand nach Wien: Radln auf Wegaln. Das Land so weit von Gerhard Stein entstand als schriftsprachliche Version; Stein vertraute es Marianne Ehlers zur Übertragung in‘t Plattdüütsche an: Das Land so wiet. Dieses Werk, eine Liebeserklärung an Schleswig-Holstein in Haikuform, gehört zu meinen Lieblingsbüchern. Es macht mich mit der Heimat meiner Schwiegertochter, die ich persönlich leider nie besucht habe, vertraut. Die beiden Formen, die uns in diesen Werken begegnen, sind zwei recht unterschiedliche Dialekte des Niederdeutschen. Sie werden neben der Standardsprache gleichberechtigt verwendet und liebevoll gepflegt, vielleicht mehr noch als die Dialekte in manchen Regionen Österreichs. Waune wos moch, wülle aa wissn, wose dua. Krame also ein bissl im sprachlichen Hintergrund. Schreibregeln Im Wienerischen kenne ich mich ganz gut aus – und selbst da geschah es vor kurzem, dass ich mit einer anderen Autorin über Kreuz geriet, was die „echte“ Aussprache betrifft. Die Unterschiede beginnen, wie ich nun weiß, bereits unterhalb der Bezirksebene. Von den vertikal aufgetürmten gar nicht zu reden. Das zeigt mir, wie verdienstvoll die Heroen der deutschen Sprache waren, die in den vergangenen beiden Jahrhunderten dem schriftlichen Ausdruck ein strenges Reglement verpassten – damals wie heute zum Leidwesen nicht nur der Jugend. Glücklicherweise können wir unsere Dialektvielfalt in der Dichtung, besonders in der Lyrik, unbekümmert ausleben und aufschreiben, wie abenteuerlich auch immer. Dies bewerte ich als wohlverdienten Ausgleich für das strapaziöse, wenngleich notwendige Korsett, das uns die Firma Duden im schriftlichen Alltag anzulegen bemüht ist. Ausdrucksweise Der Dialekt ist eine sture alte Mähre und lässt sich von poetischer Raffinesse nicht antreiben. Er sagt, was er muss und er sagt es genau so, wie er will. Manchmal will er es kurz und prägnant. „Das dem Plattdeutschen innewohnende Lakonische und Unaufgeregte“ (Gerhard Stein) findet sich auch im Wienerischen: weus woaris ... – nicht „Und das ist die Wahrheit!!“ (Veran) Dialekt ist aber mehr: Er sperrt sich gegen jede artifizielle – man könnte auch sagen elaborierte – Ausdrucksweise. An den Wortarten fällt das sofort auf: Die Umwandlung in Nomen, ein häufig gebrauchtes – und verbrauchtes – Stilmittel, prallt an ihm ab: ringsumher Stille > rundümto is‘t still (Stein) nee owwer auk! > Überraschung! (Büerken) ausn Fensta schaun > Blick aus dem Fenster (Veran) Die Nomen vermeidende aktive Rede kann in manchen Fällen auch dazu führen, dass die Zeilen ein wenig länger werden: tiefgefrorene Blätter / im Eis der Pfütze > Blääd sünd froren un liggt / in’t les vun’n Pool (Stein) Hier wollte ich noch ein Beispiel von Büerken einfügen, aber – es gibt keines! Ist ja auch verständlich: Er fing in Platt an. Und da Verben in hochdeutsche Sätzen genauso gut hineinpassen wie Substantivierungen, musste er die Struktur beim Übertragen nicht verändern. Aber umgekehrt – die gestelzten Versalien lassen sich in Dialekttexte nicht hineinzwängen. Beeindruckend, wie anschaulich Dialekt sein kann: Zwei Kohlweißlinge / flattern eng umeinander – fladdert um un um tohoop (Stein) da Schdrossnkeara / hod an Lenz – der Straßenkehrer / hat nicht viel zu tun (Veran) Bei biedermeierlichen Texten wirkt die (moderne) Dialektfassung natürlich besonders drastisch: Der Reif hatt’ einen weißen Schein / mir übers Haar gestreuet; (Wilhelm Müller, Die Winterreise 14: Der greise Kopf) … sogoa meine schwoazn Hoa haum weiß gschimmat / wiara Heulichnschein (Petra Sela, Winterreise weanarisch) Die folgende Nachdichtung zeigt die ungebremste Kreativität, wenn es darum geht, einen Sachverhalt treffend, so knapp wie möglich und mit allerhand Ungesagtem im Hintergrund auszudrücken. Und auch in der schwärzesten Verzweiflung funkelt noch ein Stückerl Selbstverarschung. Das ist natürlich sehr wienerisch, aber mir scheint, ganz allgemein dämpfen Dialektgespräche die großen Gefühle gern ein wenig ab, damit es nicht peinlich wird. So zieh ich meine Straße / dahin mit trägem Fuß (Müller, Die Winterreise 12: Einsamkeit) wiara bleiane Antn hatsch i / duach de Schdrooßn (Sela) Wortkarg und wortreich „Wir haben kein unnötiges Wort zu verschenken“, sagt Pitt Büerken von seinem Platt. Das ist aber nicht alles. Dialekt hat noch eine andere, gegenteilige Funktion, und da gibt es genug überflüssige Wörter – bildhafte Ausdrücke, die so manchen Lyriker beschämen könnten: Kreative Beschimpfungen erleichtern die Seele. Irgendwie gehört die bleiane Antn auch hierher. Mein Dialekt hat einen altmodischen Wortschatz, ich gehe ja langsam auf die 90 zu. Er entstammt der Zeit, als die Straßenbahnfahrer noch aus ihrem Kabuff aussegmoschgat haum, wahre verbale Wimmelbilder in den Verkehr streuten: oide Schaaßdromme, Fetznschädl, Huangfrasta olle midanaund … Öha, das allein ist ja schon ein Gedicht! Ich hoffe sehr, dass die zunehmende political correctness die Produktion zeitgemäßer Schimpfwörter nicht allzu sehr einschränken wird. (Text: Traude Veran, 2022) verwendete Literatur: – Büerken Pitt: Pättkesfahrt. Kurzgedichte in japanischer Tradition auf Münsterländer Platt und Hochdeutsch. Agenda Verlag, Münster 2021 – Büerken, Pitt und Traude Veran: Radln auf Wegaln. Pättkesfahrt im Wiener Dialekt. Österr. Haiku Gesellschaft, Wien 2022 – Franz Schubert’s Werke. Kritisch durchgesehene Gesamtausgabe. Serie 20. Lieder und Gesänge. Neunter Band. Von der „Winterreise“ bis zum „Schwanengesang“ 1827 und 1828. Leipzig Verlag von Breitkopf & Härtel. Ausgabe 1895 – Sela, Petra: A braada Weg waun’s schneibt: “Winterreise” weanarisch. Mit CD. Edition Doppelpunkt / Erika Mitterer Gesellschaft, Wien 1999 – Stein, Gerhard: Das Land so weit / Das Land so wiet. 75 Haikus aus Schleswig-Holstein. In‘t Plattdüütsche överdragen vun Marianne Ehlers. Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2014 Traude Veran, Geboren 1934 in Wien, gelernte Sozialarbeiterin, Psychologin, Erwachsenenbildnerin und Animateurin, arbeitete in Süddeutschland und einigen österreichischen Bundesländern, vor allem an der Integration behinderter und/oder benachteiligter Kinder. Hat neben Fachbüchern etwa 30 literarische Bände verfasst bzw. übersetzt, vor allem Lyrik, aber auch Lokalhistorisches. Journalistische und Lektorentätigkeit, Mitarbeit an der Rechtschreibreform. Kunstfotografie, Collagen, Lesungen und Performances. Mehrere Auszeichnungen und Preise. In den letzten Jahren befasst sie sich vor allem mit Haikudichtung und ist Ehrenmitglied der Österreichischen Haiku Gesellschaft ÖHG. Im Morgenschtean veröffentlicht die Autorin seit 1991. In ihrer neuesten Publikation „Radln auf Wegaln“ hat Traude Veran die Haiku aus Pitt Büerkens "Pättkesfahrt" (Original im Münsterländer Platt) ins Wienerische übertragen, wobei sie die Gedichte nicht bloß transkribierte, sondern „transkreierte“ (wie Büerken selbst es nannte). > mehr über Traude Veran Eine Rezension von "Radln auf Wegaln" finden Sie im neuen Morgenschtean (U74-75/ erscheint im Nov. 2022)
- Das war die Morgenschtean - Präsentation
am 23.05.2024 "faschaun-farena-fagee": Mit Eva Lugbauer wortverspielt durch die verschiedenen Klimazonen einer Beziehung. Von Moskau ins Weinviertel: Christine Steindorfer nahm uns mit auf eine (teilweise) hochprozentige Reise auf ihrer empathischen Suche nach dem Schnee... Zauberhafte Performance: Jasmin Gerstmayr und ihr Dialog mit dem ungeliebten Sommer, der nicht aufgibt, um sie zu werben... "wia wori wia wari wia wiri" - Christine Tippelreiters Staccato und ihr berührender Brief an Walter Seisenbacher Herausgeber Andreas Plammer Plammer untermalte seine Moderation mit Faltübungen – in Händen hält er ein Zine von Jasmin Gerstmayr. P.S: Wer selbst auch so ein Zine erstehen möchte, kommt am besten zu einer Lesung von Jasmin Gerstmayr – oder bestellt direkt über diese Mailadresse: kontakt@jasmingerstmayr.at
- »Das richtige Maß zu finden, ist eine Herausforderung«
Vor einem Jahr erschien Eva Lugbauers Dialektlyrikband »faschaun farena fagee« nicht nur als Buch, sondern auch – vertont vom Mostviertler Duo »zoat« – als CD. Welche Dialekte haben dich geprägt und wo würdest du deinen Dialekt heute einordnen? Geprägt hat mich das Mostviertlerische – ein Dialekt, den ich eigentlich nicht besonders schön finde, aber die Muttersprache kann man sich naturgemäß nicht aussuchen. Lautmalerisch hat er allerdings seine Reize und es gibt einzelne Wörter, die mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen sind. Dschamsdara, zum Beispiel, ein Liebhaber – kommt leider gar nicht vor in meinem Gedichtband. Oder hinich, kaputt. Auch sehr gut: baganschgal, leichte Schuhe. Nicht zu verwechseln mit dem bandschal, natürlich, der unverbindlichen Liebschaft. Das schlichte schiach ist kein schönes Wort an sich, aber es sagt so viel und kein hochdeutscher Ausdruck kann alle Facetten dieses Worts abdecken. Dein Debütroman »Und am Ende stehlen wir Zitronen« erschien 2018 im Wortreich Verlag,. vor einem Jahr kam dein erster Dialektlyrikband »faschaun farena fagee« in der Literaturedition NÖ heraus. Hast du immer auch schon Lyrik im Dialekt verfasst? Nein, vor diesem Gedichtband habe ich überhaupt nichts im Dialekt geschrieben, auch keine SMS oder andere Nachrichten, die schreibe ich nach wie vor nicht im Dialekt. Dialekt war für mich zum Sprechen da. Alles hat in einem verzweifelten Moment begonnen: Mir ist nichts eingefallen, über das ich im sogenannten Hochdeutsch schreiben wollte – eine Blockade, wenn man so will. Also habe ich meine Gemütslage im Dialekt aufs Papier gefetzt. Das war das Samenkorn und die Pflanze ist dann gewuchert. Wann entscheidest du dich für den Dialekt und wann für Hochsprache? Nach Gefühl und durch Experimentieren. Jedes neue Werk verlangt nach einer neuen Sprache. Die zu finden ist nicht immer einfach, auch Hochdeutsch hat ja viele Sounds und es braucht manchmal Zeit, bis ich den richtigen finde. Du arbeitest seit Jahren mit dem Duo »zoat« zusammen, die deine Texte vertonen.Wie hat sich diese Zusammenarbeit ergeben? Wir haben uns zufällig bei einem Auftritt kennen gelernt. Die gemeinsame Arbeit und die Zeit, die wir zu dritt verbracht haben, um an der Musik und der Performance zu feilen, habe ich sehr genossen. Als Autorin arbeitet man ja sonst oft alleine in der Schreibstube. Hier die Köpfe von drei Künstlerinnen zu verbinden und gemeinsam an einem Werk zu schaffen, war sehr inspirierend und schön. Morgenschtean-Abonnent:innen haben den Schaffensprozess deines neuen Lyrikbandes ein wenig mitbegleiten dürfen, bereits 2021 gab es erste Kostproben daraus zu lesen. Wie lange hast du an den Gedichten insgesamt gearbeitet? Am Anfang sind ein paar Gedichte sehr schnell rausgesprudelt, daraus hat sich das Konzept ergeben. Beim Rest war es, als wäre alles schon da, und ich muss es nur noch freilegen. Das ist schnell gegangen, war in wenigen Wochen getan. Die Feinarbeit, das Abschleifen, Feilen an den Worten und das Anordnen der Gedichte hat dann noch etwas länger gedauert. Gibt es Dialektliteratur (oder auch -musik), die dich besonders anspricht – oder liegen auf deinem Nachtkästchen hauptsächlich Werke in Standardsprache? Im Dialekt kann man mehr die Sau rauslassen. Das macht Dialektliteratur aber auch anfällig dafür, zu ordinär oder zu emotional zu werden. Hier das richtige Maß zu finden, ist eine Herausforderung und es gibt nicht viel Dialektliteratur, die ich wirklich gut finde. Aber, wenn ich einen Namen nennen soll, dann H.C. Artmann. Seine Dialektgedichte sind kleine Meisterwerke. Sie liegen zwar meistens nicht auf meinem Nachtkästchen, haben aber einen fixen Platz im Bücherregal. Du gibst auch Workshops für Dialektlyrik. Welchen Ratschlag würdest du jungen Autor:innen mit auf den Weg geben, die im Dialekt schreiben möchten, aber es noch nie versucht haben? Egal ob im Dialekt oder nicht im Dialekt: Folg der Lust. Fühl den Sog. Und schreib. Selbstzensur kommt später. ____________________________ Eva Lugbauer: FASCHAUN FARENA FAGEE Dialektlyrik, mit Illustrationen von Katharina Zenger Literaturedition NÖ, 2023 ISBN: 978-3-902717-69-6 192 S. | € 24,00 Die CD »faschaun farena fagee« – unterlegt mit Melodien des Mostviertler Ensembles »zoat « – ist bei der Volkskultur Niederösterreich erschienen. Eine Leseprobe sowie einen QR-Code zur Hörprobe finden Sie in unserer aktuellen Ausgabe.
- KOID, WÄMA, HAAß | Günther Pilarz
MEI LIABA SCHOLLI! Ualaub! I hob fost scho glaubt, dos de Hockn vua Weihnochtn goa nimma aufheat. Unsa Oida hot an Tango gmocht wia no nie und so wos vo aupresst, na hawederi. Waunns wenigstns woam gwesn warad, sei Feia unta mein Hintan. Stottdessn hots nua ghaßn: Da Rohbau muass featig varoaht sei, bevuas Christkindl kummt. Kane Fensta auf da Baustö, dafia a festa Zopfn! Söbst aum Heisl woas voi huschi und de Kleweln woan ollawäu eigfruan. Domit is jetz Schluss! Desmoi sitzt mei Popsch ned auf ana tiafkühltn Klobrülln. Deamoi hob i eam in an Fliaga plaziat. In a poa Minutn is soweit, daunn is da Winta vuabei. Austräliaa, aim kaming! Glei siach i mein Spezl wieda, nauch dreißg Joah! Jetz oba schnö duachn Zoi. Kuatl, huhu! Seawas, du oide Hittn. Wo foah madn hi? Glei zu dia ham? Supi! Oba ans is ka Bemmal do da, eicha Mittogshitz kaunns uanlich. Waunns ned gach a koids Bia gibt, hauts mi aus de Bock. Wos? Es is east Siebane in da Fruah? Zmittog is no vü haaßa ois jetz? Marandjosef! Moch kan Schmäh heast. Hauptsoch, du drahst dei Klimaaunlog auf. Hä? Wengan Klimawaundl bleibts ogschoitn? Domit ned zvü Klumpat ausn Auspuff blost? Gott sei Daunk, mia san auf deina Ränsch. Oha, do steaht jo a deitscha Spruch iba da Tia – TRITT EIN BRING GLÜCK HEREIN – no des moch i glott. Oida, in deine via Wänd hots jo genauso a Offnhitz wia in deina Tschesn. Wos sogst? Des gheat zua eichan Mastaplan gengan Klimakollaps? Do gibts ka kuul daun? Is ned woa! Geh, gimma schnö a Hopfnkompott, i vaduascht. Nauchhea? Du host dei Sauna aufdraht? Wia in oide Zeitn? Und unsare Spiagleia mochst auf de haaßn Staana? Aha, Enagiespoan sogt ma dazua. Echt? Jo bist du Moped! Heast, waunnst ma ned auf da Stö a küühls Blondes vaeabst, kaunnst de Eia auf meina Glotzn mochn. Du, Kuatl, mia is heit ned nauch Schweißln. I hob ma des ibalegt, fiah mi zruck zum Äapoat, duat is klimatesiat. In Rest vaschiabn ma aufs nexte Moi. Daunn kummst du ume. Ah, i siach eam scho, in Flughofn. Woa leiwaund, dos ma uns wiedagsegn hobn. Oba jetz haßts auzahn, de dan scho eitscheckn. Bleib sauba und hoit de Uahn steif! Pfiati! Lossts des Gät offn, bin eh glei do! Hallooo! Woats auf mi, i wü mit! »Schatzi, woch auf! Du redsd im Schlof. Nix is mit Australien, du bist daham in deina Hapfn. I haß a ned Kuat, i bin dei Fraudi, de Isolde. Host mi? Und jetz ausse, aus de Fedan, sunst moch i da Fiaß!« © Günther Pilarz Texte zum Thema "koid, wäama, haaß!" gibt es auch in: Morgenschtean U80-81/ Mai 2024 (Informationen zur Ausgabe & Bestellung)
- KOID, WÄMA, HAAß | B. Jetschko
Seitm Kindagartn wasch ich mir die Händ nimma mitm warmn Wassa. Seitm Kindagartn wasch ich mir die Händ nimma mitm warmn Wassa. Der Grund is eigentlich einfach, aba braucht Hintergrundwissn: I bin in da Nähe da Lobau aufgwachsn. Damals, als des noch nicht schick war. Damals als no alle auf de Donauinsel wolltn und i nu in de Kindaschuhn gsteckt bin. Mei Mama und i sind im Somma imma Schwimm’n gangen. Und im Winta imma Rodln. Jedn Nachmittag. Wei' man muss ja draußn sei. Wobei in da Lobau, »an der frischen Luft sei« warscheinli sogar stimmt. Wenn's doch de »grüne Lunge« Wiens is. Im Somma ham ma weng tragn müssn. Aber im Winta wurd ma as Kind ausgrüst: Leggings, Thermowäsch, Untaleiberl, Hosn, Pulli, Anorak – unförmig und bunt wie a Gummibärli, Handschuh – idealaweisn angnäht oda -bundn, damit ma’s ned verliert. (Und wenn’s ganz kalt war, a nu Skihandschuh drüba.) Und dann san ma los maschiert. Schlittn am Bandl oder üba da Schulta. Meistens bei da Mama, weil ma selb zu klein war. Da sind die Kufn immer über de Straßn und de Stan gstolpert und ma selba glei mit. Wobei, wie i klein war, warn Bobs sehr beliebt. Entweda wie de Olympianer oder so richtige Ufo-Schüssln, wos an draht hat wie am Karussell, wenn ma den Hügel runterzischt is. Schnee hama damals genug ghabt, trotz fehlenda Beschneiung im Marchfeld. Und Kinda warn a immer gegnug da. Manchmal zu viele, da hat man dann schaun müssen, wo ma richtig runter düst, ohne dass ma wen unfreiwillig mitnimmt. Deshalb war den einen super Rodelplatz am Staudamm obahalb vom Lobauspielplatz zu finden essentiell. Sobald dann de richtige Abfahrt unta großen Strapazen da war – mit oda ohne Schanzn – dann is’ runter und raufgrodelt oder gebobbt worden bis de Sonne untagangen is oda man vor Nässn durchgfrorn war. Spätestens dann hat ma Pause gmacht und sei Jausn und sei Tetrapackl bekommen – Apfl oda Orange, manchmal Kirsch. Dann hat ma den andern beim Rodln zugschaut. Meistn warn die größa oder habn nu wos anderes vorher zu tun ghabt. Nachdem ma mit da Jausn fertig war, hat ma sich beim Elternteil beschwert, dass kalt ist; nanu-na, Überraschung. Und hat di kleinen Fingern zwischn warmen Elternhändn, in Stoffhandschuhn, geribbelt bekommn. Das hat nie was bracht, außer für die Sekundn, wo de Händ gribbelt wordn sind, und deshalb hat ma – nach viel Sudern – dann wieder zampackt und is nach Haus’ marschiert. Wia ma z' Haus warn, sind die Knochn, da Körpa alles wieda woarm worden. Danach des Gsicht und de Wangn, aber am Schluss warn imma de Finga. Wie kleine Eiszapfn, haben s' braucht beim Auftaun. Aba jetz is so, dass ma Händwaschn muss, wenn ma heimkommt und das mit warmn Wassa, hat ma glernt. Aba, he, wenn i 's Wassa aufdreh und mir die Händ wasch, dann wern di ned woarm, de wern wehat und beißn und stechn. I frag mei Mama, wie des geht und sie, ganz Krankenschwesta, erklärt, dass des mitm Wahrnehmn zu tun hat und ich des Wassa lauwarm aufdrehn soll. Ich mach das und es wird bessa, I schau mir meine Händ an und bin fasziniert. Des nächste Mal Rodeln passiert genau desselbe. Aba diesmal fang i glei mitm lauwarmen an und – es is genauso wie beim ersten Mal. Weh, beißen, stechn. Ich frag gar ned, i dreh glei zruck. Und! De Händ erholn sich viel schnella. Ich bin scho wieda fasziniert; wie’s bei kleinen Kindern so is. Beim nächstn Mal Rodeln dasselbe. Nur diesmal start i glei mitm kaltm Wassa und was Seltsames passiert: Meine Hände sind direkt warm! Wohlig warm und angenehm. Kein Justiern, kein Aua oda Beißn, einfach angenehm. Ich erzähl’s meina Mama, sie glaubt’s nicht ganz. Aba es is mir egal, ich bin ein Genie und hab Weltgeheimnisse entdeckt. Da i aba ein vergessliches Genie bin, entschied ich mich imma meine Händ mit »kaltm« Wassa zu waschen. Weil, in jeda Situation des besser is. Ob im heißn Sommer oda eben im kaltn Winter. Und so is bis heut blieb und der Grund warum ich mir seitm Kindagartn die Händ nimma mit warmn Wassa wasch. Warmduscher bin i trotzdem gebliebn, man muss ja ned übertreibn. © B. Jetschko Texte zum Thema "koid, wäama, haaß!" gibt es auch in: Morgenschtean U80-81/ Mai 2024 (Informationen zur Ausgabe & Bestellung)
- »Selbstzufriedenheit ist immer ein gutes Ziel«
Auf der Slambühne kennt man dich als Poetin, die den Rhythm and Blues im Blut hat, deine Texte gehen nahe, nicht nur inhaltlich, sondern auch weil du eine begnadete Performerin bist. Hast du schon als Kind geschrieben beziehungsweise warst du immer schon ein Bühnenmensch? Ich habe in meiner Jugend angefangen zu schreiben. Die Bühne und die Aufmerksamkeit habe ich immer gescheut. Seit etwa 12 Jahren stehe ich jetzt trotzdem regelmäßig vor Mikrofon und Publikum. Ich bin immer noch kein Bühnenmensch. Aber ich mag es durch meine Texte eine Stärke zu finden, die mich trägt, und die andere tragen kann; eine Intimität zu erzeugen, die die Distanz zwischen mir und den Zuhörenden bricht und dadurch eine Verbindung aufbaut, welche sehr viel Kraft und Innigkeit mitbringt. Da geht es nicht um Aufmerksamkeit. Da geht es um Einigkeit. Ich trete nicht mehr oft auf, aber wenn, dann hat es für mich jedes Mal sehr viel Bedeutung. Du spielst in deinen Texten mit Sprache, Rhythmus und Dialekt, immer wieder fließen ganz natürlich Anglizismen ein, dein Vortrag ist dynamisch und jung, kommt ganz locker rüber und reißt mit. Wie hast du zu dieser ganz speziellen Form gefunden? Gab es da auch Vorbilder? Ich höre super gerne Musik aller Genres, beschäftige mich mit modernem Lyricism, verfolge zeitgenössischen Spoken-Word, lese Gedichte längst verstorbener Dialektautorinnen – da sind sicher einige Einflüsse, die unterbewusst hängen bleiben und in meinen Sachen mitwirken. Meine „ganz spezielle Form“ habe ich dennoch sehr unspeziell gefunden. Ich will mich nicht bemühen, wenn ich in meinen Texten etwas erzähle. Die Einfachheit der Dinge reicht oft aus, der Dialekt malt genug. Ich will mich nicht verstellen, oder gefallen. Ich will mich fallen lassen. Da habe ich nicht den Anspruch, dass ich perfekt reime, wunderschöne Bilder erzeuge, oder makellose Metaphern, mit denen alle etwas anfangen können. Ich will mich zeigen, mit allem was ich bin. Und ich bin alles. Ich bin laut, singend, summend, leise, zart und brüllend, witzig, oder eben tiefsinnig. Das ist nicht zwingend meine Form, das ist mein Sein. Deine Texte sind emotional und packen die Zuhörer*innen – was damit zu tun hat, dass du vom Leben erzählst. Man schmunzelt mit dir, man lacht, man trauert aber auch, man verfällt stellenweise in Selbstmitleid, man schöpft wieder Hoffnung. Und wenn du die Bühne verlässt, geht es einem irgendwie besser, trotzdem nimmt man auch etwas zum Grübeln mit. Wie entstehen deine Texte bzw. wie kommst du zu deinen Ideen? Mein Leben hat sehr viel Fülle. Daraus kann ich schöpfen. Ich arbeite Vollzeit als Sozialarbeiterin in einer Psychiatrie. Ich genieße meine Freizeit, meine Freundschaften, mein Feierabendbier. Da kommen Themen und Ideen oft aus Gesprächen, Begegnungen, Geschehnissen des Alltäglichen. Ich nehme mir nie vor, irgendwelche großen Themen herzunehmen und dazu etwas zu schreiben. Dazu fehlt mir auch Disziplin und Verfassens-Eifer. Der Tiefgang des Gewöhnlichen tröpfelt mich täglich an und das Schöne noch dazu! Du bist in Mittersill in Salzburg zur Welt gekommen, heute lebst du in Graz. Wie würdest du selbst deinen Dialekt bezeichnen? Lässt er sich einer Region zuordnen oder wurde deine Sprache durch das Leben in unterschiedlichen Regionen geformt? Genau, in Mittersill geboren und im Alm- und Skidorf Königsleiten auf 1600m unter jeder Menge Tourist*innen großgeworden. Das brachte mir immer den Vorteil, dass ich im Deutschunterricht eines der wenigen Kinder gewesen bin, welches tatsächlich Hochdeutsch reden konnte. Im tiefsten Oberpinzgau tat man sich damit nämlich schwer. Meinen Dialekt würde ich als Pinzgauerisch bezeichnen, mit tiroler Einflüssen und städtischen Abflachungen zur Verständlichkeit der Allgemeinheit. Ich bin aber eher der Meinung, dass jeder Mensch seine ganz eigene Mundart hat. Wie ein Fingerabdruck quasi. Und ich denke, ich hab meine ganz eigene Mundart. Das Pinzgauern durch die Schulbildung und den Freundeskreis, das Tirolerische durch die Mama, Slang und Anglizismen, weil jo mei, ich bin halt doch Teil der Internetgeneration und zeitgleich mag ich aber das Altertümliche und finde Dialektbegriffe zu schön, um sie nicht täglich verwenden zu wollen. Gschtiascht. Griaweg. Herzigrazi. Glanglduttat. Zwidawuschz. Znaxt. Bacheiwoam. Die Liste ist ewig. Das Steirische hab ich nicht wirklich angenommen. In DUM-Das Ultimative Magazin gibt es in jeder Ausgabe auch deine Kolumne flimmern.fischen zu lesen. Wie bist du auf den Titel gekommen? Welche Bedeutung hat er für dich? Im Endeffekt ist alles Geschriebene, alles Replizierende ein Bruchteil von dem, was wirklich war und wahr. Ein Flimmern sozusagen. Und davon fische ich. Beim Niederschreiben bekommen deine Texte nochmals eine andere Form. Da geht es dann auch um Zeilenumbrüche und die Niederschrift des Dialekts. Ist dir das von Anfang an leicht gefallen oder hast du dir deine Schreibweise des Dialekts erst erarbeiten müssen? Mir fiel das von Anfang an leicht. Mit 13 hab ich mein erstes Handy bekommen und wir haben uns immer im Dialekt gesimst. Ich habe also keine Schreibweise erarbeiten müssen, sie war da. Ich schreibe so, wie ich es sage. Ohne Umlautzeichen, Kringerl, oder was auch immer. Die Form meines Geschriebenen ist mir allerdings nicht wirklich wichtig. Das Sprechen ist für mich wesentlicher. Der geschriebene Dialekt exkludiert. Der gesprochene weniger. Nicht-Dialekt-Sprechende kommen nach Auftritten zu mir und meinen häufig „ich habe nicht alles genau verstanden, aber ich habe es verstanden.“ Das funktioniert beim Geschriebenen weniger, weil die Transportmittel, die Stimme, die Haltung, meine Körpersprache, fehlen. Du bist auch fixer Teil der Grazer Lesebühne V.O.L.T. Was bedeutet es dir, gemeinsam mit anderen auf einer Bühne zu stehen? Kollektiv künstlerisch tätig zu sein ist essenziell für den eigenen Wachstum und Perspektiven-Erweiterung. Es kurbelt die Kreativität an, es kann ärgern, es lässt diskutieren, miteinander lachen, jammern und jammen, schreiben, schweigen, es macht Spaß, es distanziert, es vereint. Es ist toll, alleine mit einem Soloprogramm auf der Bühne zu stehen, aber es wird langweilig. Ich will mich doch nicht die ganze Zeit selber hören?! Es ist für michbereichernder den kreativen Raum für Mehrere zu öffnen. Sich auf eine Slambühne zu wagen ist für viele ein großer Schritt. Immerhin geht es dort nicht nur um die Qualität des Textes, sondern auch um den Vortrag – und man muss sich dem Feedback des Publikums stellen. Wie war dein erste Mal auf einer Slambühne? Und was würdest du jenen Menschen raten, die sich bisher noch nie auf eine Bühne gewagt haben, aber davon träumen? Ich war 15 und scheiße nervös. Mein Text war (nicht im Dialekt) furchtbar pathetisch und sehr sehr weltverbessernd. Genauso, wie ein erster Text sein muss. Ich bin meinen ersten Schritten, und allen die mich in der Slamszene begleitet haben, sehr sehr dankbar. Heute stehe ich der Kommerzialisierung des Poetry Slams eher kritisch gegenüber. Damals waren es Nerds und Freund*innen, die sich gegenseitig eigensinnige Texte vorgetragen haben und danach zusammen auf ein Bier oder einen Saft gegangen sind. Es ging um die Freude an der Kreativität und die Gaudi danach. Es ging nicht um das Perfekte, um die Erfolge. Ich hab mich so richtig gefühlt, so als hätte ich einen Platz gefunden. Heute stehen da fesche, großteils heteronormative Wohlstandskids, welche aalglatte Texte schreiben, um einem linksliberal-bekehrten Publikum Themen vorzupredigen, welche ohnedies Konsens sind, in einer Metrik und Machart, die sich von den restlichen Beiträgen nicht unterscheidet. Da würde ich mich heute nicht mehr hintrauen. Dort fühle ich mich nicht mehr wohl. Allen, die sich selbst auf einer Bühne probieren wollen, rate ich es, dass sie Bühnen finden, auf denen sie sein können, wer sie sind. Das können vereinzelt Poetry Slam-Bühnen sein, das können Open-Mics sein, das können irgendwelche Talent-Wettbewerbe in irgendeinem Kaff in Hintertupfing sein, das kann die Regional-Theaterbühne sein, das kann ein Rhetorik-Seminar auf der Uni sein, ihr wisst was ich meine. Es geht niemals um den Applaus oder um das Prestige, das man erntet. Die Leute, die einem applaudieren, bewerten vielleicht deinen Auftritt, starren dich an oder jubeln dir zu. Aber sie leben nicht in deiner Haut. Die müssen nicht zufrieden mit deinem Auftritt sein. Selbstzufriedenheit ist immer ein gutes Ziel. Ehrlich zu sich sein, im Text, im Vortrag, im Umgang mit Freude oder Enttäuschung danach. Perspektiven erweitern. A Gaudi haben. Nicht die Geduld verlieren. Niemand stellt sich auf die Bühne und ist Profi. Es braucht Übung, Erfahrung, Erlebnisse. Grundsätzlich: Sich einfach nix scheissen. Wos soid scho passian? Dieser Artikel erschien auch in der >Gratisbeilage zum aktuellen Morgenschtean (U78-79/ Nov. 2023) 🔊 zum Hören > Anna-Lena Obermoser: "Schee" nächste Termine vom V.O.L.T: 24. 11 | 14. 12. | 19.1. - 20:00 PostgarageCafé, Dreihackengasse 42, Graz (postgarage.at) (Mehr zur Lesebühne findet mensch auf unserem Blog unter: https://www.oeda.at/post/die-1-grazer-lesebühne-setzt-ihr-publikum-unter-strom-und-das-schon-seit-10-jahren)
- »Dialekt ist ja nie etwas Statisches«
Morgenschtean-Redaktionsmitglied Katherina Braschel im Interview Du bist in Salzburg aufgewachsen und lebst in Wien. Wo würdest du deinen Dialekt verorten? Irgendwo auf der Westbahnstrecke dazwischen. Manche Ausdrücke habe ich zwischen den Sitzreihen im Zug herausgekletzelt, als man von Wien nach Salzburg noch über drei Stunden gefahren ist, manche hab ich beim Zähneputzen in 1030 gefunden (»Giftschipperl«!) und ein paar hat mir die Salzach beim Biertrinken am Elisabeth Kai angeschwemmt. Dialekt ist ja nie etwas Statisches, das man ganz genau verorten kann (sorry, Sprachwissenschaft). Sicher hört man manchmal, dass ich aus Salzburg bin, aber »dooni« habe ich sicher von einer Freundin aus Oberösterreich übernommen und andere Dinge von anderen Menschen. Es ist immer ein Konglomerat, das ist ja auch das Schöne daran. Du schreibst nicht nur, aber auch im Dialekt. Wie kam das? 2013 wurde der AnnoDialektDonnerstag gegründet und da ich damals schon viel beim AnnoLiteraturSonntag war, bin ich auf Dialektliteratur abseits von Heimatgstanzln und so aufmerksam geworden. Das hat dann vielleicht ein bisschen passiv in meinem Hirn dahingeköchelt und irgendwann gab es ein Thema, einen Text (»Hoiz hockn«), der unbedingt heraus musste und das im Dia lekt. Es hat einfach nicht anders gepasst. Danach habe ich mich dann mehr mit Dialektliteratur beschäftigt, meine eigenen Vorurteile ihr gegenüber abgebaut und gesehen, wie vielseitig dieses Feld ist. Die Auseinandersetzung mit Dialekt(en) fand ich schon immer spannend, manchmal auch einfach lustig und oft erzählen Dialektworte sehr viel mit. Und das kann eine als Schriftstellerin ja nur interessieren. Außerdem gibt es gewisse Ausdrücke im Standarddeutschen schlicht nicht beziehungsweise keine Äquivalente, die genau dasselbe ausdrücken. »Am Oasch gehn«, zum Beispiel, oder »zach« (beides brauche ich sehr viel). Deine Texte behandeln meist aktuelle Themen und gehen nahe. Wann entscheidest du dich bei einem Text für den Dialekt? 90 Prozent meiner Texte entstehen im Standarddeutschen, bei den restlichen 10 Prozent, die im Dialekt sind, liegt es oft an einer Formulierung, einem Satz, den ich irgendwo gehört oder gedacht habe, der hängen geblieben ist und von dem ausgehend sich ein ganzer Text (oder zumindest eine Textidee) entfaltet. Manchmal liegt es daran, dass das Standarddeutsche das Vokabular einfach nicht hergibt (wie bei den Beispielen oben), manchmal daran, dass sich eine gewisse Stimmung in meinen Augen besser im Dialekt erzeugen lässt. Du arbeitest nun schon seit einigen Jahren in der Morgenschtean-Redaktion mit und bist dort unter anderem für die Textauswahl zuständig. Welche Texte sind es, die dich persönlich besonders packen? Die ohne Pathos, die klug gearbeitet sind. Texte, bei denen man merkt, der*die Schreibende hat seinem*ihrem Text vertraut und muss nichts erklären, sondern lässt den Text die Erzählung tragen. Die Texte, die mit einem feinen Gespür etwas Zwischenmenschliches aufgreifen und die politischen Texte, die ohne plumpe Gemeinplätze auskommen. Und die, wo ich nicht das Gefühl bekomme, der*die Schreibende hat mit Gewalt einen Text zum ausgeschriebenen Thema aus sich herauszwungen oder das Thema im Nachhinein mit einem mittelgut passenden Satz in einen bestehenden Text hineingeworfen, man merkt das ja beim Lesen. Liest du privat auch viel Dialektliteratur? Tatsächlich lese ich weniger, aber höre Musik im Dia lekt. Eine Band, ohne die ich nicht mehr kann, ist Dritte Hand. Es gibt keinen Song, der mich da nicht zuawi fongd, durchbeidld und bessa wieda außalossd. Das kann ich zum Duschen, zum Tanzen, zum Zugfahren, zu allem hören. Wenn ich mal wieder richtig weinen will, höre ich »zehna« von SarahBernhardt (es gibt aber auch genügend Songs ohne Tränenfunktion, außerdem ist das recht subjektiv, will nur dazu gesagt sein). Wenn ich breit grinsen will, höre ich die Gesangskapelle Hermann. Literarisch hänge ich an den Texten von Christine Nöstlinger. Und an denen von Redaktionsmitglied Anna Stiegler. Du engagierst dich in den Redaktionen von Literaturzeitschriften (neben dem Morgenschtean auch bei &Radieschen), auch leitest du diverse Schreibwerkstätten. Sprich: Es ist dir ein Anliegen, neue, noch nicht so bekannte Autor:innen zu fördern. Wie hast du diese Leidenschaft entdeckt und warum ist dir das so wichtig? Im Grunde ist es recht einfach: Wir fangen alle irgendwo an. Niemand schreibt einen ersten Text und wird groß veröffentlicht. Aber diese ersten Veröffentlichungen und Lesungen geben Zuspruch und ein erstes literarisches Selbstvertrauen. Würde ich meinen ersten Text, der damals 2012 oder 2013 in & Radieschen erschienen ist, nochmal so schreiben oder veröffentlichen? Nein, sicher nicht. Und das ist völlig okay und gut so, es ist ja schließlich Zeit und Arbeit an meinem Schreiben vergangen. Aber diese Veröffentlichung war wichtig, genau wie meine erste Einzellesung im Café Anno. Deshalb ist mir auch die Arbeit beim AnnoLiteraturSonntag so wichtig. Ganz viele Schriftsteller*innen machen bei & Radieschen oder im Café Anno ihre ersten Gehversuche. Es muss nicht perfekt sein, man kann sich ausprobieren. Es ist ein wertschätzender Rahmen und die niederschwellige Möglichkeit auf eine abendfüllende Einzellesung. Und bei den Schreibwerkstätten ist es mir vor allem wichtig, Literatur und Schreiben als ein Gespräch zu vermitteln, als etwas Dynamisches, das wachsen kann. Ich sage immer, jede Person kann schreiben, man muss halt nur dazu finden, was man wie schreiben will und bereit sein, an Texten zu arbeiten. Dieser Artikel erschien auch in der >Gratisbeilage zum aktuellen Morgenschtean (U78-79/ Nov. 2023)
- "Für den Dialekt entscheide ich mich eher unbewusst"
Katharina J. Ferner lebt als Poetin und Performern in Salzburg. Morgenschtean-Leser:innen kennen sie aus der Redaktion, die Mitarbeit bei Ö.D.A. hat sie motiviert, selbst im Dialekt zu schreiben. Derzeit schreibt sie als Writer in Residence in Lettland. Sprache und Sprachklang sind dir wichtig, nicht nur in deiner Lyrik, sondern auch in deiner Prosa. Du bezeichnest dich deswegen auch ganz bewusst nicht als Autorin, sondern als Poetin. Wann hast du die Lyrik für dich entdeckt – als Lesende und auch als Schreibende? Allerdings, ich glaube jedoch auch dran, dass Sprache und ihr Klang in der Prosa wichtig sind. Mir ist es aber ein Anliegen, durch die Positionierung der Poesie zu bewusster Präsenz zu verhelfen. Gedichte haben mich schon seit der Schulzeit begleitet und interessiert. Ich denke da an Else Lasker-Schüler ebenso wie an Mascha Kaléko oder später Uljana Wolf. Geschrieben habe ich sie damals auch schon, aber ihre Eigenständigkeit haben sie vermutlich erst durch die Arbeit am ersten Lyrikband bekommen. In einem Essay im Wespennest schreibst du, dass du durch deine Mitarbeit bei der Ö.D.A. und den Kontakt zu Dialektautor:innen auch selbst begonnen hast im Dialekt zu schreiben. Wie kam das? Kannst du dich da noch an einen zündenden Moment erinnern bzw. an deine ersten Schreibversuche im Dialekt? Einerseits setzt die ständige Beschäftigung mit verschiedenen Dialekten auf ganz natürliche Weise den Prozess in Gang, dass man die eigene Mehrsprachigkeit genauer unter Beobachtung stellt. Andererseits gab es konkrete Motivationen, wie das beständige Nachhaken von Andreas Plammer, wann ich denn nun einmal etwas im Dialekt schreiben würde. Das stetige Einhören durch die Lesereihe „Anno Dialekt Donnerstag“ und der Besuch unzähliger „Dritte Hand“-Konzerte haben mich auf dem Weg begleitet. Letztendlich wagte ich dann wohl durch die Methode der Gegenüberstellung von Dialekt und Hochdeutsch, wie es Michael Stavarič in seinem Gedichtband „in an schwoazzn kittl gwicklt“ macht, den entscheidenden Schritt. Mittlerweile hast du neben zwei Romanen auch zwei Lyrikbände veröffentlicht. Im ersten mit dem Titel „Nur einmal Fliegenpilz zum Frühstück“ (Limbus 2019) spielt der Dialekt eine zentrale Rolle, aber auch in deinem zweiten Lyrikband „Krötentage“ (Limbus 2022) finden sich Dialektgedichte. Auch für die Salzburger Krone dichtest du in Hochdeutsch und im Dialekt. Wann entscheidest du dich für den Dialekt und wann für Hochsprache? Für den Dialekt entscheide ich mich eher unbewusst, außer es ist im Vorhinein klar, dass es zwei Sprachversionen geben soll, wie in den Gedichten für die Salzburger Krone. Viele junge bzw. neue Dialektautor:innen sehen es als große Herausforderung, den eigenen Dialekt in Schrift zu übersetzen. Wie ging es dir da am Anfang? Bzw. hast du Tipps für Autor:innen, die gerade im Dialekt zu schreiben beginnen, worauf sie achten sollen? Bei der Verschriftlichung denke ich erst einmal daran, dass ich selbst das Geschriebene wieder lesen oder vorlesen können muss. Später erst achte ich auf Einheitlichkeit oder aber auf bewusste Brüche. Gerade bei häufigen Wörtern wie „oiwei“ oder „ollewei“ variiere ich je nachdem, zu wem ich gedanklich spreche. Außerdem ist handschriftliches Notieren für den Anfang wesentlich einfacher, einfach weil da kein automatisches Wörterbuch eingreift und man verschiedene Versionen schnell visualisieren kann. Möglicherweise bin ich da auch altmodisch. Du reist gerne. Wie ist das denn, wenn du in Österreich, in der Schweiz oder in Deutschland unterwegs bist? Sind es auf deinen Reisen auch die Dialekte, die dich interessieren? Ja, es ist eigentlich unwesentlich, in welchem Land ich unterwegs bin. Sprache interessiert mich, Dialekt insbesonders, weil es darin oft noch mal eine tiefere Ebene zu entdecken gibt. Im Moment bist du gerade als Writer in Residence in Lettland. Wie geht es dir mit der lettischen Sprache? Wird etwas von ihrem Klang in deine Gedichte einfließen – oder ist dir diese Sprache dann doch zu fremd? Lettisch kann ich zum aktuellen Zeitpunkt noch schwer durchschauen. Dass früher oder später irgendetwas davon in meine Gedichte einfließen wird, ist ziemlich wahrscheinlich. Dieser Artikel erschien auch in der >Gratisbeilage zum aktuellen Morgenschtean (U78-79/ Nov. 2023) Lyrik: "nur einmal Fliegenpilz zum frühstück", Limbus 2019 Lyrik: "krötentage", Limbus 2022 Roman: "Der Anbeginn", Limbus 2021 > zum Limbus Verlag
- 17 Fragen an Eva Billisch
© Eva Billisch, alle Termine "Salon Helga" siehe unten! Samstag, 15.Juni 2024, 16:00 - Wien "Salon Helga" Lesung - Buchpräsentation "Eva Billisich hat sich - wie auf ihrer Homepage nachzulesen ist - ein Zitat von Herwig Seeböck zum Credo gemacht: >A Schuach um die Sö is da Mensch, da Dialekt is sei Haut und die Hochsprach is nua a Westn.< Gemäß diesem Motto schreibt und singt die gebürtige Favoritnerin Eva Billisich schon lange im Wiener Dialekt. In ihrem neuen Buch >Salon Helga< präsentiert sie eine Sammlung ihrer gereimten, humorvollen Abhandlungen über Situationen, die aus dem Leben gegriffen sind, und deshalb trotz allen Humors, auch ihre ernsten Seiten haben." es liest: Eva Billisisch es spielt: Werner RablOrt: Weinstube Josefstadt, 1080 Wien, Piaristengasse 27 Uhrzeit: 16 Uhr 00 Uhr Das Buch ist im Verlagshaus Hernals erschienen. Infos & Quelle: www.billisich.at/index.html www.verlagshaus-hernals.at www.weinstube-josefstadt.at Weitere Termine: 14.6. Mozartplatz, 1040 Wien, 16Uhr 23.6. Schloss Potzneusiedl , 2473Potzneusiedl, 15Uhr
- "IN ADERN DÜNN BRACH LICHT"
In regelmäßigen Abständen erscheint ein Gedichtband von Axel Karner. Die Bände haben eines gemeinsam: Sie tragen unverkennbar Karners poetische Handschrift. Die Durchlässigkeit und Brüchigkeit mancher Worte zeigt sich bereits im Titel sowie auch in der grafischen Gestaltung des, wo die teilweise roten Buchstaben einem unverzüglich ins Auge stechen. Der Bruch im Blick geht weiter in den Texten. Schilderungen von dörflichen Szenen, Aufwachsen, Geschichte, Idyllen, die unvermittelt und hart zu Bedrohungen werden. Die anfänglich sanft anmutenden Betrachtungen werden zu schaurigen Mahnmalen, die Konfrontation mit dem Sterben unumgänglich. Der Band lässt sich grob in drei Teile gliedern: »Die Liebe, mein Herz und der Mond« sowie »Heimatverbot« umrahmen einen weitläufigeren Zwischenteil, dessen Gedichte einer eigenen Nummerierungsstruktur folgen. Vom trügerischen Dorfidyll bei »Die Liebe, mein Herz und der Mond« bewegt man sich schließlich in das Reich der Toten. »heben die toten im schmaln bett die gläser gwigwi steigts vöglein auf klopft hinter ihm pfeift stille gevatter prost destille« heißt es da zum Beispiel. Eingewoben sind theologische Motive ebenso wie rätselhafte Andeutungen. Es ist trotz der Todespräsenz einer der lustvollsten Momente im Band. Ein wundervoller Gedichteinstieg aus VII/1: »wird’s wüst / am ohr«. Im letzten Abschnitt mit dem Titel »Heimatverbot«, der wie der erste Teil fünf Gedichte umfasst, geht Karner, wie oft, der braunen Geschichte auf den Grund, findet klare Worte und erinnert auch in Zitaten anderer Erzähler*innen und Komponist*innen an deren Folgen. Rezension: Katharina J. Ferner in Morgenschtean U68-69/2021 Axel Karner: in adern dünn brach licht. Gedichte. Wieser Verlag, 2020. ISBN: 978-3-99029-428-4. 48 S. € 14,95 LESUNG: Am Dienstag, 6. April 2021 las Axel Karner beim Dicht-Fest in der Alten Schmiede aus seinem Gedichtband. Aufgrund der Covid-Maßnahmen wurde das Event auf YouTube gestreamt.