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Die österreichische Dialektzeitschrift

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KOID, WÄMA, HAAß | B. Jetschko


Seitm Kindagartn wasch ich mir die Händ nimma mitm warmn Wassa.


Seitm Kindagartn wasch ich mir die Händ nimma mitm warmn Wassa.

Der Grund is eigentlich einfach, aba braucht Hintergrundwissn: I bin in da Nähe da Lobau aufgwachsn. Damals, als des noch nicht schick war. Damals als no alle auf de Donauinsel wolltn und i nu in de Kindaschuhn gsteckt bin.

Mei Mama und i sind im Somma imma Schwimm’n gangen. Und im Winta imma Rodln. Jedn Nachmittag. Wei' man muss ja draußn sei. Wobei in da Lobau, »an der frischen Luft sei« warscheinli sogar stimmt. Wenn's doch de »grüne Lunge« Wiens is. Im Somma ham ma weng tragn müssn. Aber im Winta wurd ma as Kind ausgrüst: Leggings, Thermowäsch, Untaleiberl, Hosn, Pulli, Anorak – unförmig und bunt wie a Gummibärli, Handschuh – idealaweisn angnäht oda -bundn, damit ma’s ned verliert. (Und wenn’s ganz kalt war, a nu Skihandschuh drüba.)

Und dann san ma los maschiert. Schlittn am Bandl oder üba da Schulta. Meistens bei da Mama, weil ma selb zu klein war. Da sind die Kufn immer über de Straßn und de Stan gstolpert und ma selba glei mit. Wobei, wie i klein war, warn Bobs sehr beliebt. Entweda wie de Olympianer oder so richtige Ufo-Schüssln, wos an draht hat wie am Karussell, wenn ma den Hügel runterzischt is.

Schnee hama damals genug ghabt, trotz fehlenda Beschneiung im Marchfeld. Und Kinda warn a immer gegnug da. Manchmal zu viele, da hat man dann schaun müssen, wo ma richtig runter düst, ohne dass ma wen unfreiwillig mitnimmt. Deshalb war den einen super Rodelplatz am Staudamm obahalb vom Lobauspielplatz zu finden essentiell. Sobald dann de richtige Abfahrt unta großen Strapazen da war – mit oda ohne Schanzn – dann is’ runter und raufgrodelt oder gebobbt worden bis de Sonne untagangen is oda man vor Nässn durchgfrorn war. Spätestens dann hat ma Pause gmacht und sei Jausn und sei Tetrapackl bekommen – Apfl oda Orange, manchmal Kirsch. Dann hat ma den andern beim Rodln zugschaut. Meistn warn die größa oder habn nu wos anderes vorher zu tun ghabt. Nachdem ma mit da Jausn fertig war, hat ma sich beim Elternteil beschwert, dass kalt ist; nanu-na, Überraschung. Und hat di kleinen Fingern zwischn warmen Elternhändn, in Stoffhandschuhn, geribbelt bekommn. Das hat nie was bracht, außer für die Sekundn, wo de Händ gribbelt wordn sind, und deshalb hat ma – nach viel Sudern – dann wieder zampackt und is nach Haus’ marschiert.

Wia ma z' Haus warn, sind die Knochn, da Körpa alles wieda woarm worden. Danach des Gsicht und de Wangn, aber am Schluss warn imma de Finga. Wie kleine Eiszapfn, haben s' braucht beim Auftaun. Aba jetz is so, dass ma Händwaschn muss, wenn ma heimkommt und das mit warmn Wassa, hat ma glernt. Aba, he, wenn i 's Wassa aufdreh und mir die Händ wasch, dann wern di ned woarm, de wern wehat und beißn und stechn. I frag mei Mama, wie des geht und sie, ganz Krankenschwesta, erklärt, dass des mitm Wahrnehmn zu tun hat und ich des Wassa lauwarm aufdrehn soll. Ich mach das und es wird bessa, I schau mir meine Händ an und bin fasziniert.

Des nächste Mal Rodeln passiert genau desselbe. Aba diesmal fang i glei mitm lauwarmen an und – es is genauso wie beim ersten Mal. Weh, beißen, stechn. Ich frag gar ned, i dreh glei zruck. Und! De Händ erholn sich viel schnella. Ich bin scho wieda fasziniert; wie’s bei kleinen Kindern so is.

Beim nächstn Mal Rodeln dasselbe. Nur diesmal start i glei mitm kaltm Wassa und was Seltsames passiert: Meine Hände sind direkt warm! Wohlig warm und angenehm. Kein Justiern, kein Aua oda Beißn, einfach angenehm.

Ich erzähl’s meina Mama, sie glaubt’s nicht ganz. Aba es is mir egal, ich bin ein Genie und hab Weltgeheimnisse entdeckt. Da i aba ein vergessliches Genie bin, entschied ich mich imma meine Händ mit »kaltm« Wassa zu waschen. Weil, in jeda Situation des besser is. Ob im heißn Sommer oda eben im kaltn Winter. Und so is bis heut blieb und der Grund warum ich mir seitm Kindagartn die Händ nimma mit warmn Wassa wasch.

Warmduscher bin i trotzdem gebliebn, man muss ja ned übertreibn.


 




Texte zum Thema "koid, wäama, haaß!" gibt es auch in:

Morgenschtean U80-81/ Mai 2024







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Hg von: Ö.D.A. – Österreichische Dialektautor:innen

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