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»Jeder Song bekommt die Sprache, die er verlangt«

Die Grazer Band »Pandoras kleine Schwester« brachte soeben ihr 2. Album »Titanic« heraus. Songwriter Bernd Hecke beantwortete dem Morgenschtean ein paar spontane Fragen.



© Martin Benedikt

Ein, Songwriter, eine Sopranistin, ein Hochzeitsmusikant, ein Punk-Schlagzeuger, ein Klarinettist und ein universeller Saiten-Artist – das seid ihr, »Pandoras kleine Schwester«. Begonnen hat euer Musikprojekt in einem Grazer Keller. Wie kam das?

Der Songwriter, also ich, und die Sopranistin Inge, meine Nachbarin, trafen schon davor in der Rockband »Sound Asylum« aufeinander und spürten, wie ihre Stimmen im Duo-Gesang harmonierten. Den Hochzeitsmusikanten hab' ich in meinem damaligen Job aufgerissen. Erich ist im Hauptberuf Artdirector der Kleinen Zeitung und tourt seit Jahren mit dem Duo Melodie durch die Lande, aber jetzt auch mit Pandoras kleiner Schwester. David an den Drums arbeitet auch in der Redaktion. Toni (Bass) und Johnny (Klarinette) habe ich bei ihren Konzerten in anderen Formationen gehört und gewusst, die sollten zu uns gehören. Wenn gute Musiker dazukommen und bleiben, dann ist das einfach wunderschön ...



Euer Debüt-Album erschien ausgerechnet im Pandemie-Jahr 2020. Wie habt ihr euch über die diversen Lockdowns gerettet – wie habt ihr da geprobt und eure CD präsentiert?

Die Pandemie war eigentlich ein Segen. Wir haben sehr viele Songs geschrieben und uns Aufnahmen übers Netz geschickt, jeder hat seinen Part hinzugefügt, da haben wir sogar aus einzelnen Video-Spuren ganze Nummern auf YouTube gebaut. Die offizielle CD-Release-Party musste warten bis zum Frühjahr 2022, als das vertagte »Styrian Sounds Festival« endlich über die Bühne ging. Gespielt haben wir aber auch in der Corona-Zeit – ein Streaming-Konzert etwa unter strengen Auflagen mit Tests – Live aus dem Music Incubator. Aber auch immer im Sommer im Freien, wenn es erlaubt war.


Euer erstes Album »Die Lieder« klingt noch mehr nach Indie-Pop-Album, die Texte sind fast durchwegs in hochdeutscher Sprache. Die Lieder in eurem neuen Album »Titanic» sind vielfältiger. Popballaden wechseln sich mit Dialekt-Chansons ab, es gibt mehr Swing-Rhythmus und noch mehr Gipsy-Sound. Ihr wechselt dabei nicht nur mühelos zwischen Hochsprache, Dialekt und Englischer Sprache, sondern auch die Instrumente. War das eine bewusste Entscheidung, da mehr zu experimentieren?

»Die Lieder« war ein Übergangsalbum. Den englischen Song »Last Waltz« habe ich schon mit »Sound Asylum« gespielt, aber dann zu Pandora mitgenommen. Der Switch von englischen zu deutschen Texten fühlte sich mit Hochdeutsch natürlicher an. Nur das letzte Lied des Albums – »Im Wolf« – passierte intuitiv in Mundart. Das hat wohl damit zu tun, dass es so eine intime Nummer ist, die im Jugend-Kosmos meines Vaters rund ums Roseggerhaus spielt. Das Café »Wolf« war Stammlokal meines Opis, die Familiengeschichte wollte offenbar in meiner Sprache, also im Dialekt erzählt werden. Die Heimat der Band ist ebendieses »Annenviertel«, wo wir auch den Probenkeller haben, das »Wolf« von Thomas und Mitch mit seinen tollen Konzerten ist heute die Band-Kantine. Dort durften wir auch schon ein großartiges »Corona-Konzert« spielen.

Das »Wolf« hat das Tor zur Mundart aufgestoßen. Jeder Song bekommt die Sprache, die er rhythmisch, atmosphärisch oder vom Reim her verlangt. Der Anspruch, möglich viele echte Instrumente, möglichst viel Gipsy oder auch Balkan in unsere Songs zu bekommen, war von Anfang an da. Was wir sonst noch lieben: Swing, Polka, Walzer und Funk. Alles, was wir kriegen können ...


Wie kann man sich die Entstehung eines Songs bei euch vorstellen? Kommst du mit einem fertigen Text zur Probe, oder entsteht da vieles im gemeinsamen Experiment?

Ich beginne jeden Song, texte und komponiere eine Skizze mit Akkorden. Die zweistimmig im Dialog gesungenen Lieder entstehen auch im Dialog. Ich schicke meine Textbausteine, Inge antwortet mit ihren. Dann gehen wir in den Keller, spielen den Song an wie am Lagerfeuer und wenn der Funke überspringt, arbeitet die Band in einem kreativ-spielerischen Prozess am Arrangement. Das sind die Augenblicke, wo Wunder passieren, die uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Schön ist es, wenn der Funke und das Lächeln sich später dann auch aufs Publikum übertragen.


Wie bereits erwähnt, hab ihr jetzt mehr Dialektlieder als zu Beginn. Wann entscheidet ihr euch für den Dialekt?

Wie gesagt: Diese Entscheidung trifft der Song mit der ersten Zeile. Was auffällt: Pop ist eher Hochdeutsch. Je g'spüriger, bluesiger, grooviger eine Nummer wird, desto eher setzt sich die Mundart durch.


Die meisten Texte kommen sehr leicht daher, selbst eure melancholischeren Nummern sind so gelagert, dass sich die Laune beim Zuhören bessert. Das ist ja auch euer Programm, wie ihr auch auf eurer ersten CD erklärt. Vielleicht kannst du unseren Leser:innen erzählen, warum ihr euch »Pandoras kleine Schwester« nennt?

Ich habe als Songwriter immer eher düstere, bittere Songs geschrieben und immer damit gehadert, dass ich keine fröhlichen Lieder zustande bringen konnte. Diese Band war das Projekt, um das zu ändern. Denn: Nichts ist schwieriger, als fröhliche Texte zu schreiben, die nicht gleich flach oder dämlich daherkommen. Dieser Gratwanderung, eben nicht abzustürzen, stelle ich mich. Ich hoffe, mit Erfolg. Was bleibt: Auch die lockerste Nummer hat meist eine Brechung, einen Wermutstropfen in sich. Das mag ich sehr. Denn die Welt ist eben immer nur ein bisserl rosarot.

Der Name: Am Anfang war Pandora als Idee. Die Büchse war mir dann aber zu billig, also habe ich Pandoras kleine Schwester erfunden. Pandora hatte ja die Büchse geöffnet und alle Übel in die Welt entlassen. Ehe die Hoffnung auch noch entkommen konnte, fiel der Deckel zu. Die kleine Schwester haben wir ausgeschickt, um die Büchse noch einmal zu öffnen und der Welt die Hoffnung zu geben. Klingt hochtrabend, ist es auch ... Und ist auf dem ersten Song unseres ersten Albums nachzuhören.


Ihr seid als Live-Band sehr beliebt und sprecht die unterschiedlichsten Altersgruppen an. Gibt es Orte, wo ihr besonders gern spielt?

Am liebsten im Freien oder im intimen Rahmen, wo wir auch unsere ruhigeren Songs spielen können und die Menschen auf die Texte hören. Aber ganz ehrlich: Wir lassen es auch auf großen Bühnen mit fettem Schlagzeug gerne krachen.


Apropos Konzerte: Wann und wo seid ihr wieder zu hören?

Wir spielen am 25.5 um 19 Uhr bei Gatto im Museum in einem wunderschönen Garten beim Grazer Volkskundemuseum und am 2. Juni ab 18 Uhr beim Citypeach unter der Erzherzog-Johann-Brücke. Unsere Konzerte findet man immer auf facebook.com/pandoraskleineschwester.


Am Schluss fragen wir immer gerne nach dem Lieblings-Dialektwort. Welche sind denn eure?

Inge: Treapn

Toni: Ödögödöckö (Oberösterreichisch für Öltiegeldeckel)

David: Oida

Erich: ausgschamt

Johnny: hintafotzig

Bernd: a Rotzbua mit Rotzbremsn ;)






»Pandoras kleine Schwester« sind:

Inge Zelinka-Roitner (Gesang, Geige, Synth), Bernd Hecke (Gesang, Gitarre), Erich Repe (Piano, Akkordeon), Anton Hüttmayr (Bass), Johann Huber (Karinette), David Knes (Schlagzeug)


Informationen zur Band, zu allen geplanten Konzerten und zum Alben »Die Lieder« und »Titanic« unter:


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Morgenschtean – Die Österreichische Dialektzeitschrit

Hg von: Ö.D.A. – Österreichische Dialektautor:innen

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Kontakt: morgenschtean@oeda.at

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