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290 Ergebnisse gefunden für „“

  • "ICH BLEIBE BEI EUCH

    „Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen" heißt es in einem alten gregorianischen Choral, den Luther auf den Kopf stellte, indem er schrieb: „Mitten im Tod sind wir vom Leben umfangen.“ Das muss man als Leser*in vorab nicht wissen, das verrät Dekan Bernhard Kranebitter im begleitenden Vorwort. Mit den Worten "Mitten im" beginnen schließlich auch die zwölf Textminiaturen der Lyrikerin zu den Begegnungen, denen jeweils eine Druckgrafik von Siegfried Krismer gegenübersteht. Nicht der Tod am Kreuz steht im Vordergrund, sondern das Wunder der Auferstehung. Sowohl die reduzierten Texte als auch die Holzschnitte lassen viel Raum für eigene Gedanken und eigene Interpretationen, fürs Innehalten und Luftholen. Es geht ums Abschiednehmen und Trauern, aber auch ums Staunen und sich Öffnen inmitten der Ungewissheit. Um das einander Verstehen, aufeinander Zugehen und aufeinander Vertrauen. ( ... "mitten im Ungewissen / die Hand aufhalten" ... "mitten im Trauern / spüren / ein Mensch / versteht".) "Ich bleibe bei euch" ist eine bereichernde Neuerscheinung zur Oster- und Pfingstzeit, die sich nicht nur an praktizierende Christ*innen richtet, sondern an alle, die ein bisschen innehalten und ihre eigenen Ängste und Empfindungen reflektieren möchten. Ein Buch, das – gerade in dieser Zeit der Isolation – helfen kann, zu erkennen, dass man nicht allein ist. Rezension: Margarita Puntigam-Kinstner Annemarie Regensburger: ICH BLEIBE BEI EUCH Begegnungen mit dem Auferstandenen Illustration: Siegfried Krismer Tyrolia 2021 ISBN 978-3-7022-3947-3 >> Link zum Verlag Annemarie Regensburger ist seit 30 Jahren Mitglied der Ö.D.A. Abonnent*innen des Morgenschtean kennen ihre Lyrik aus diversen Ausgaben und wissen, dass sich die Autorin in ihrem Werk stets an herausfordernde Themen wagt. Ihre letzte Publikation "Angela Autsch – Der Engel von Auschwitz" erschien 2019 im Tyrolia Verlag. 2020 wurde Annemarie Regensburger mit dem Otto Grünmandl Literaturpreis ausgezeichnet. Mehr zur Autorin finden Sie in unserer Datenbank.

  • "WIENER KLOSETTBREVIER"

    »Das Klosett ist der einzige Ort, an dem der Mensch – einmal abgesehen von Eremiten, Zelleninsassen und Raumfahrern – alleine ist.« Und das im Schnitt sogar mindestens zwanzig Minuten pro Tag, Grund genug also, sich mit der Geschichte jenes Örtchens auseinanderzusetzen, auf dem man so viel Zeit verbringt. All jene, die sich nur ungern länger als nötig am Klo aufhalten, können beruhigt sein: Beyerls Buch eignet sich nicht nur als Klo-, sondern auch wunderbar als Bettlektüre, es duftet herrlich nach bedrucktem Papier und sorgfältig recherchierten Fakten. So erfährt man beispielsweise über die Urinsteuer im antiken Rom, das erste Waschmittel, das Nürnberger Verbot, seinen Nachttopf-Inhalt auf die Straße zu schütten, die Pariser Abtritte sowie die ersten »Nothwinkel« und Retiraden im öffentlichen Raum. Und natürlich auch über die Erfindung des Wasserklosetts, das bereits lange vor der ersten Patentanmeldung existierte – Klolektüre inklusive! Aber auch den diversen Pisspotten und Nachttopf-Comics sowie dem »Zerfall der Doppel-Null« und dem »Tatort Klosett« hat der Autor eigene Kapitel gewidmet. Besonders interessant: Die Geschichte der modernen Wiener Bedürfnisanstalten mit anschließender Führung. Wer sich zwischen all den geschichtlichen Fakten, überlieferten Gschichtln und Spaziergängen durch die Wiener Klosettlandschaft erholen möchte, wird mit dem Kapitel »Anale Szenen in der Literatur« eine Freude haben. Die kleine, aber feine Textauswahl reicht von Aristophanes bis hin zu Richard Weihs' »Heislelegie«. Zum Schluss nimmt der Autor seine Leser*innen mit auf eine touristische Reise: Nach dem Besuch des Bahnhofsklos im Grenzort Nova Gorica geht es hoch hinauf zum »Adlerhorst«, wo man vom Klobrett aus einen herrlichen 156,5 Grad-Blick auf die Nockberge hat. Und nach einem Ausflug zum Stainzer Flascherlzug geht es abschließend noch nach Judenburg, zum angeblich teuersten Klo der Welt. Apropos Reisen. Wussten Sie, dass eine Papstreise das TOI TOI DIXI-Klo berühmt gemacht hat? Aber bevor Sie jetzt zu Ihrem »Ätschichweißalleskastl« greifen: Lesen Sie lieber den Beyerl, der kann Ihnen das alles viel ausführlicher und auch amüsanter erzählen. Rezension: Margarita Puntigam-Kinstner in Morgenschtean U68-69/2021 Beppo Beyerl: Wiener Klosettbrevier. Bekundungen, Betrachtungen, Benutzungen. Löcker Verlag, 2020. 12,5 x 20,5 cm | Broschur. ca 200 Seiten | € 19,80. ISBN 978-3-99098-013-2 48 S. € 14,95

  • "DIE WEBERIN"

    Im Frühjahr 1936 glänzte der Schnee von der Koschuta und in den Alleen der Stadt barsten die Triebe in den Kastanien. Auch hier vor dem Landesgericht, beim Geschrei der Vögel, gaben sie ihre zerknitterten Blätter frei. Ein paar Tage davor wurde dir der Prozess gemacht. Mehr als achtzig Jahre später. Carla ist fünfzig plus und geschieden. Seit ihr Sohn in Berlin studiert, lebt sie allein mit ihrer Katze in einer Wohnung nahe des Wiener Westbahnhofs. Während Carla an ihrem Kaffee nippt, während sie sich in Boris, den russischen Hornspieler mit österreichischen Wurzeln, verliebt, ertrinken vor den Toren Eurpoas Menschen. Die Nachrichten kommen über das Handy zu Carla und sind jederzeit abrufbar. Das politische Klima im eigenen Land, die Panikmache in den Medien, der immer stärker werdende Rechtsruck wühlen Carla auf. Das spiegelt sich nicht nur in ihren Gedanken wider, sondern auch in den Gesprächen mit Freundinnen. Carlas Blick verschiebt sich. In Klagenfurt springen ihr »Die Gerechten«* ins Auge, im Servitenviertel sind es »Die Schlüssel gegen das Vergessen«**. Wie hätte ich reagiert?, fragt sie sich. »Hätte ich auch so beherzt und mutig gehandelt?« Eine Diskussion über die Aufnahmekapazitäten im reichen Eurpoa (Stichwort: Wir können nicht alle nehmen) führt schließlich auch zum Bruch zwischen Carla und Boris. Der Riss geht mitten durch die Gesellschaft, der Riss spaltet Familien, Freunde, Liebespaare. Eva Possnig-Pawlik verknüpft in ihrem Debütroman das aktuelle Geschehen mit Carlas Familiengeschichte. Da gibt es Hans, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und des Schutzbundes, der 1936 zu achtzehn Monaten Kerker verurteilt wird. Und dann ist da Lina, die älteste Tochter des Militärkapellmeisters Wilhelm P., Carlas Urgroßvater, den es 1903 aus gesundheitlichen Gründen aus der k.k. Garnison Hermannstadt nach Klagenfurt verschlägt. Lina verliebt sich in den Juden Fritz, heiratet ihn und steht selbst noch zu ihm, als sie ins Ghetto in der Leopoldstadt übersiedeln muss und zur Zwangsarbeit auf den Müllhalden eingeteilt wird. Und dann sind da Aloisia, deren an Epilepsie erkrankte Tochter 1941 zu einer Spezialbehandlung nach Brandenburg geschickt wird und nie wieder nach Hause zurückkehrt, und Apollonia, die Urgroßmutter mütterlicherseits, die Kärntner Slowenin, die von den Verschleppungen am Weißen Sonntag erzählt. Eva Possnig-Pawlik erzählt in »Die Weberin« nicht von einem Schicksal. Nicht Hans ist es, den wir näher kennenlernen sollen. Auch nicht Apollonia. Die Fotografien, die Tagebücher, Briefe, Postkarten und mündlich überlieferten Erinnerungen formieren sich vielmehr zu einem Mosaik. Es ist der Versuch, die Wiederholbarkeit von Geschichte darzustellen. Aufzuzeigen, wie brüchig Demokratie ist und wie schnell das politische und gesellschaftliche Klima kippen können. Wie schell es geht, dass Menschen verfolgt werden – weil sie anders denken, anders aussehen oder einer anderen Religion angehören. Ähnlich ihrer Protagonistin hat auch die Autorin für ihren Roman in der eigenen Familiengeschichte gegraben. Einige der Figuren, wie etwa Carla und Boris, sind frei erfunden, die geschichtlichen Fakten jedoch hat Possnig-Pawlik sehr genau recherchiert, und auch die persönlichen Schicksale der tatsächlich existierenden Vorbilder wurden von ihr so wirklichkeitsgetreu wie möglich dargestellt. »Obwohl es natürlich Leerstellen gibt. Diesen kann man sich nur poetisch annähern.« Die fein gewobene, musikalische Sprache der Autorin ist es auch, welche uns Leser*innen durch den Roman trägt. Das Denken und Sprechen der handelnden Personen bleibt dennoch authentisch, denn Possnig-Pawlik lässt regionale Sprachfärbungen in die Dialoge und inneren Monologe einfließen. Das macht ihre Figuren liebenswert und lebendig. links: Jubiläums-Stadttheater Klagenfurt, rechts: Eva Possnig-Pawlik, 28.5. 21. © Ö.D.A. Spurensuche in Klagenfurt 28. Mai 2021, mittags. Ich bin mit der Eva Possnig-Pawlik vor dem Jubiläums-Stadttheater in Klagenfurt verabredet. Heute ist es 111 Jahre alt. Als Carlas Urgroßvater seine Töchter Lina und Anna dorthin mitnahm, war es noch neu. Die Schwestern bewunderten die Glastüren. Die Teppiche. Das Funkeln der kostbaren Luster, die Seidentapeten, das Blattgold-Dekor. Hier keimte in Lina der Wunsch, Schauspielerin zu werden. Wir beginnen unseren Rundgang, spazieren durch den Schillerpark, in dem Wilhelm P. mit seiner schönen Tenorstimme das Trompetensolo aus der Aida gesungen hat. Danach überqueren wir den Heiligengeistplatz. Umrunden das Hotel Sandwirth, in dessen Hof das kleine Konzert stattfand, bei dem auch Lina mit ihrer Geige auftrat. Vieles habe sie auf alten Fotografien entdeckt, verrät die Autorin. Anderes habe ihr der Vater erzählt. Wir schlendern weiter, bleiben vor der alten Stadtmauer stehen. »Die Farbe der Festungsmauer ist salbeigrün. Vom Steinbruch der Stadt meiner Ahnen. Efeuruten klammern sich an seine Wände.« So heißt es in dem Gedicht, das dem Roman vorangestellt ist. Lyrische Passagen gibt es viele in »Die Weberin«. Bisher hat man von Possnig-Pawlik vor allem als Lyrikerin kennengelernt, 2020 wurde ihr der 13. Kärntner Lyrikpreis zuerkannt. Ich zücke die Kamera. Ein schnelles Foto, dann geht es weiter, Richtung Musikverein. Hier habe sich die Musikschule des Urgroßvaters befunden, erzählt die Autorin. »Die Stimmung, wenn man hier hereinkommt, die war schon immer eine ganz besondere.« Auch sie selbst habe hier Klavierunterricht erhalten. Und davor: »Musikalische Früherziehung nennt man das heute. Das Experimentieren mit den Orff-Instrumenten, das habe ich geliebt.« Wir nehmen auf der Caféterrasse Platz. Zeigen unsere Getestet-Geimpft-Kärtchen und genießen die Sonnenstrahlen nach einer Reihe von Regentagen. Nach einer Zeit der Isolation beginnt das Leben wieder ein wenig wie früher zu werden. Wir unterhalten uns über Politik, die Koalition, den Bundeskanzler, über die Sozialdemokratie, die sich nach dem Durchsetzen wichtiger sozialer Errungenschaften beinahe selbst abgeschafft hat. Dabei gäbe es noch so viel zu tun. Stichwort Armutsbekämpfung, Stichwort Chancengleichheit, Stichwort Solidarität. Aber die Angst ist schon immer ein besserer Stimmenfänger gewesen. Die Angst vor dem Fremden, die Angst, jemand könnte einem etwas wegnehmen. Unsere Werte, die wir heute hochhalten, sind nicht nur christliche, sondern vor allem sozialdemokratische. Possnig-Pawlik erinnert in ihrem Roman daran. »Johanna Dohnal, die hat mich in meiner Jugend besonders fasziniert«, verrät sie. Nach dem Kaffee noch ein Abstecher zur alten Burg. Hier war die Kommandozentrale der Gestapo, heute beherbergt das Gebäude das Museum Moderner Kunst und die Kulturabteilung der Kärntner Landesregierung. Im Innenhof tummeln sich kleine blaue Siebenschläfer, sie stehen symbolisch für die entfallenen Kulturinitiativen und -produktionen während der Covid-Pandemie. Gegenüber Kaffeehausstühle. Auf einem Türschild der Name Stojanka, wie ich später herausfinde, gehört er zu einem kleinen Laden für Mode. links: Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus, Künstlerin: Melitta Moschik. rechts: "Die Mahnwache der Siebenschläfer" – eine Kunstinstallation des Stadttheaters und der IG KiKK zur Situation der Kunst während der Lockdowns. Künstler: Krystian Habdas. Fotos © Ö.D.A. Wir verabschieden uns an einer Straßenecke. Dass es jetzt hoffentlich bald wieder weitergehen kann mit den Lesungen, sagen wir. Nach einem imaginierten Händedruck spaziere ich noch einmal die gemeinsam besuchten Orte ab. Stelle mir Lina vor. Und Carla. Natürlich Carla. Die nach Klagenfurt reist, um ihren Ahnen nachzuspüren. Die in den zweiten Stock des Innenstadthauses hinaufsteigt und dann doch nicht anklopft, um sich die Wohnung anzuschauen, von der Lina schrieb: »(…) ein rechter Luxus, wie der Herr Vater meint. Wir haben zwei Zimmer, eine Küche und sogar einen Balkon.« Am Lendkanal blättere ich noch einmal durch die Kapitel. Lese, vergleiche. Denke an die eigene Familiengeschichte und auch an die politischen Diskussionen, die ich heute – gleich Carla – mit Familienmitgliedern und Freunden führe. An die immer wieder aufkeimende Frustration, die sich während solcher Gespräche manchmal einstellt. Selbst als ich zurück nach Graz fahre, hängt mir Carlas Familie noch in den Gedanken. Und auch Tage später schleichen sich Possnig.Pawliks Figuren immer wieder in mein Denken. »Die Weberin« ist ein Buch, das man nicht so einfach weglegen, gegen ein anderes tauschen und vergessen kann. Und das ist auch gut so. Margarita Puntigam-Kinstner, Juni 2021 Eva Possnig-Pawlik: Die Weberin. Roman, Verlagshaus Hernals, 2021 282 Seiten. € 24,90 ISBN 978-3-902975-85-0 >> Link zum Verlag * Die Klagenfurter Fotoausstellung "Allee der Gerechten" würdigte Menschen, die in der NS-Zeit Juden vor dem Tod gerettet haben. ** Die Schlüssel gegen das Vergessen sind eine in den Boden eingelassene Glasvitrine. Die 462 mit Namensschildern versehenen Schlüssel symbolisieren die während der NS-Zeit ermordeten und vertriebenen Menschen im Servitenviertel. Eva Possnig-Pawlik liest aus "Die Weberin" Textstelle: S. 237-239 –Carla reist mit Boris nach St. Petersburg, es ist der Abend vor ihrer Rückreise nach Wien. Eine Lesung aus »Die Weberin« sowie ein Interview mit Eva Possnig-Pawlik finden Sie auch im Archiv von Radio AGora >> https://cba.fro.at/504082

  • "KÖNIG DER PLASTIKVIECHER"

    Gerhard Altmann ist selbstgekrönter König der Plastikviecher – gemeinsam mit seiner Plastikfauna zieht er durch erdichtete Landschaften und Jahreszeiten. Er legt Wert auf große Melodien aus der Ohrwurmkiste und verfolgt die Unterhaltungskunst der alten Schule, inklusive bluesigem Ostbahn-Pathos. Die Band arrangiert und performt sehr stimmig, besonders Cello und Bassetthorn geben dem Album einen eigenen Anstrich. Besonders schön sind auch die Dankesworte im Innenleben der CD-Hülle, weil sie so ehrlich und direkt sind, das liest man gerne. Das Album ist voller Burgenland, in Wort und Bildern. Der Dialekt und die Band stehen Gerhard Altmann gut. Man stellt es sich so vor: Fünf Leute auf der Sommerfestbühne begleiten die Sonne in ihren Untergang, beschwingt und beherzt, fordern zum Tanz auf mit der eigenen Nostalgie. Rezension: Bernhard Scheiblauer in: Morgenschtean U68-69/2021 Gerhard Altmann: Texte, Musik, Gesang Sophie Abraham: Violoncello Hubert Salmhofer: Bassklarinette Reinhardt Winkler: Schlagzeug Thomas Maria Monetti: Gitarre, Arrangements Aufgenommen im September 2020 im ORF Landesstudio Burgenland Tonmeister: Karl Idl Gerhard Altmann König der Plastikviecher Bestellungen unter: https://www.gerhardaltmann.at

  • "DA LEGST DI NIEDA"

    In "Da legst die nieda – Humorvolle Friedhofsgeschichten in Mundart" erzählt Gaby Grausgruber von einer morbiden Schwester, die in einem Mahagonisarg zur Probe liegt, von Haustorschlüsseln und Handys, die irrtümlich mit den Verstorbenen begraben werden, von gierigen Nachkommen, Blumendieben und schwarzen Messen. Zwischen humorvollen und nicht selten schrägen Anekdoten und kurzen Erzählungen findet sich auch das eine oder andere Gedicht – sowie auch Fotos, die das Buch optisch sehr ansprechend machen. Dass die eigene Endlichkeit auf allen Seiten mitschwingt, soll Lesende nicht abschrecken, ganz im Gegenteil. Immerhin gehört die Angst vor dem Sterben und manchmal auch vor den Verstorbenen selbst zum Leben dazu – selbst für die Jugend, die sich nachts auf den Friedhof schleicht. Rezension: Margarita Puntigam-Kinstner: Gaby Grausgruber: Da legst di nieda Humorvolle Friedhofsgeschichten in Mundart Innsalz, Juni 2022 ISBN 978-3-903321-78-6 88 Seiten € 16,90 Gabriele Grausgruber, geb. 1957, lebt in Gurten/OÖ. Seit Kindheit ist Schreiben ihre Leidenschaft und bereichert ihr Leben – kann sie doch so Gedanken und Träume in endloser Vielzahl wiedergeben. Diverse Auszeichnungen und Veröffentlichungen in Anthologien und Medien geben ihrer Passion immer wieder neuen Schwung für weitere Textideen. (> mehr zur Autorin)

  • "DIE LETZTE FRAGE DER MENSCHHEIT

    Verlagstext: es fliegt immerfort ein insekt um mich herum ach wär es nur stumm „Momente der alkoholgeschwängerten Einsamkeit, die Hinterhöfe der Großstadt, das kleine Elend, das die Werktätigen mit der Zeit erwürgt, die schreckliche Erkenntnis des Alterns, die Unerfüllbarkeit unserer glosenden Sehnsüchte – es sind die kleinen Tragödien, die uns mit der Zeit auffressen. Rudolf Kraus führt seiner Leserschaft vor, wie man es zuwege bringt, sich selbst trotz aller Widrigkeiten nicht allzu wichtig zu nehmen.“ Armin Baumgartner Infos zum Buch: Rudolf Kraus Die letzte Frage der Menschheit Siebzehnsilber Verlagshaus Hernals, 2002 140 Seiten. € 22,90 ISBN 978-3-902744-73-7 Eine Rezension von Margarita Puntigam-Kinstner finden Sie im Morgenschtean U68-69/2021

  • "KNAPPE TITEL"

    Ein Dialog in Lyrik und Prosa Armin Baumgartner und Rudolf Kraus haben sich den Corona-Lockdown 2020 mit einem literarischen Spiel verkürzt. Die „Spielregeln“: Einer denkt sich einen 1-Wort-Titel aus und schreibt dazu einen Text, dessen Maximallänge eine Seite nicht überschreiten darf. Dann schickt er Titel und Text an seinen „Spielpartner“, der nun ebenfalls einen kurzen Text zu dem vorgegebenen Titel verfasst, sich anschließend ein neues Wort überlegt und nun seinerseits den ersten Text dazu schreibt – und so weiter ... Um das Projekt auch ganz bestimmt zu Ende führen zu können, haben sich die beiden Autoren verpflichtet, bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung am Leben zu bleiben – was ihnen zum Glück auch gelungen ist! "Knappe Titel" erschien diesen Juni im Verlagshaus Hernals. Der knappe Titel auf dem quadratischen, 190 Seiten starkem Buch, springt seinen Betrachter*innen knallorange ins Auge – das passt gut, denn die Texte, das spürt man sofort, sind unmittelbar und authentisch, da wurde nicht lange überlegt und abgewartet, sondern mit spontanen Assoziationen gearbeitet. Gefeilt wurde erst später, wobei bei den Überarbeitungen das Prinzip galt, die ursprüngliche Reihenfolge keinesfalls zu verändern. Auf Doppelseiten stehen die kurzen Prosatexte Baumgartners den lyrischen Sprachminiaturen Kraus´ gegenüber – aber nicht immer. Manchmal, so scheint es, haben die beiden die Rollen kurzzeitig getauscht, dann erschließt sich nicht gleich auf den ersten Blick, welcher Text von wem stammt. Inhaltlich mischen sich Kindheitserinnerungen unter humoristische und/ oder philosophische Betrachtungen und Zitatweitergaben oder auch Texte, die trotz (oder gerade ob) ihrer Kürze unter die Haut gehen, nämlich vor allem dann, wenn es um das Erinnern bzw. absichtliche Vergessen von Vergangenheit geht. Eine der stärksten Doppelseiten sind jene zu den Titeln NEIN und KRACH, die ihren Leser*innen mit enormer Wucht entgegentreten. Ob man „Knappe Titel“ lieber chronologisch und in einer einzigen Mahlzeit konsumieren möchte (wobei man als Hauptgericht Lammforellen serviert bekommt) oder auch "häppchenweise durcheinander" ist Nebensache. Wer sich auf Knappe Titel einlässt, wird Sprachbildern begegnen, die zu amüsieren wissen, immer wieder auch eigene Assoziationen und Erinnerungsbilder zutage fördern und stellenweise ziemlich unter die Haut gehen. (Text: MPK) Armin Baumgartner . Rudolf Kraus Knappe Titel Ein Dialog in Lyrik und Prosa € 22,90 192 Seiten, Klappenbroschur 978-3-903442-03-0 (Hinweis: "Knappe Titel enthält zwar )

  • "FOR HONEST POVERTY"

    Kurz möchte ich den schottischen Volksdichter vorstellen: Robert Burns ward 1759 in Alloway geboren, dieses Alloway liegt im Südwesten Schottlands, und nach einem von mehreren Berufswechseln geprägten wie man so allgemein sagt: unsteten –  Leben verstarb er bereits mit 37 Jahren anno 1796 in Dumfries, einem Kaff fast schon an der Grenze zu England. Sein Geburtstag, der 25. Jänner, gilt in manchen Teilen Schottlands als unumgänglicher Gedenktag. Es wird gefeiert und gesoffen und dabei  findet sich immer jemand, der die Gedichte von Robert Burns vorträgt. Auch in Österreich gibt es am 25. Jänner Grund zum Feiern. Dafür sorgt schon die Robert-Burns-Gesellschaft, eigentlich die „Robert Burns Society Austria“, und dafür kümmert sich sein unermüdlicher Übersetzer, der Wiener Dieter Berdel. Sein erstes Gedicht in diesem Band „For a‘ That and a‘ That“ wurde übrigens schon einmal übersetzt – ins Hochdeutsche, und eigentlich ist es keine Übersetzung, sondern eine mehr oder weniger freie Nachdichtung, und so entstand das trotzige „Trotz alledem“ von Ferdinand Freiligrath. Dieter Berdel scheut allerdings Nachdichtungen, er neigt eher zu Interlinearversionen, die er im Notfall durch pointierte Improvisierungen ergänzt. Die sind auch notwendig, weil die deutsche Sprache schon allein wegen der umständlichen Verba viel länger ausfällt als etwa das prägnante Englische oder das Schottische und daher strenge Interlinearversionen zu knapp ausfallen würden. Die Methode „genaue Übersetzung, ergänzt durch Improvisation“ funktioniert so nebenbei bei einer Übertragung von einem Dialekt in einem anderen gleichgesinnten Dialekt etwas besser, gibt es doch mehr Variationsmöglichkeiten und Gestaltungsfreiheiten. Das schon erwähnte „For a‘ That and a‘ That“  übersetzt Dieter Berdel mit einem „Deswegn, jo, deswegn“. Und so kann ich beim Lesen der Dialektgedichte tatsächlich im Fluss der Wörter mitschwimmen, manchmal sogar ein bisschen tanzen, und zwei- oder dreimal darf ich auch ein Glas mit  Whiskey füllen, in der Hoffnung, dass dabei kein rhythmischer Unfall passiert. Jetzt wird es Zeit, dass ich den Gedichtband vorstelle. Er heißt „for honest poverty“, ein Titel, der natürlich auch mißverstanden werden kann. Darüber sinniert Cornelius Obonya, auch ein Verehrer der Werke von Robert Burns, in seinem Vorwort: „Was heißt das: Für ehrliche Armut?“ Antworten finden wir in so manchen der übersetzten Texte, die Dieter Berdel zum besseren Verständnis oft kommentiert, sonst würde unsereiner nur den sagenhaften Bahnhof - wie heißt der auf Schottisch?  - verstehen. So in seinem „Klogeliad fia n Willie Nicol sei bfeat“. Besagter William Nicol nannte sein Pferd „Peg Nicholson“, denn eine Peg Nicholson hatte 1786 versucht, den König George III. zu erstechen. Nützlich und hilfreich ist für mich, dass Dieter Berdel an den Schluss des Bandes zwei Glossarien rückt: Zuerst die Auflistung von Wörtern aus dem schottischen Dialekt, dann logischerweise äquivalentarisch aus dem Wiener Dialekt. Und nach der Lektüre dieses Bandes ist für mich klar, was ich am 25. Jänner zu tun gedenke: Ich werde an einem der „Burns Suppers“ teilnehmen. Deswegn, jo, deswegn. Rezension: Beppo Beyerl in: Morgenschtean U70-71/ 2021 Robert Burns / Dieter Berdel "For Honest Poverty" Scottish-Wienerische Gedichte über Armut, Freiheit und Politik mit einem Vorwort von Cornelius Obonya Scottish Dialect / Wiener Dialekt ISBN: 978-3-9502886-4-3 134 Seiten, 1. Auflage 2021 Preis: Euro 15,- zzgl. Versandkosten Bestellungen unter info@robertburns.at

  • Dialekt schmeckt 4 – "MISCHKULANZ"

    Vorneweg, es ist keine Frage: Die Nummern mit Doris Denk, v.a. aber mit Willi Resetarits, tragen eindeutig die Insignien ihrer Interpretin / ihres Interpreten und zählen mit Sicherheit zu den Gustostückerln dieser CD, die aber auch ohne »Zugpferde« wunderbar auskommt. Man kann Denk und Resetarits also durchaus als bestens eingebettet betrachten. Denn es ist zweifelsfrei eine vergnügliche Zeit, die man beim Anhören von »Mischkulanz« verbringt. Die CD hat musikalisch sowie in ihren Texten eine wohltuende Vielfalt zu bieten. Über so manche Lebensweisheit aus der Kategorie »No-na«, die wir von STS schon viel treffender gehört haben, muss man einfach hinweghören und sich gleich wieder (im positiven Sinne) von der Leichtigkeit der (meisten) Lieder weiterspülen lassen – etwas, das bei der häufigen Wiederkehr hochprozentiger Inhalte gar nicht schwerfällt. Apropos: Es wird ausgiebig übers Feiern und seine Folgen gesungen auf dieser Scheibe. Das war schon immer ein beliebtes Thema bei österreichischen Dialekttextern und -texterinnen, aber vielleicht ist diese CD auch als ein Post-Lockdown-Dokument zu sehen (und zu hören), in dem mit Fug und Recht einer wiederhergestellten Freiheit gehuldigt wird. Mella Fleck fällt mit einer Nummer auf, die mit ihrem Arrangement besticht, Thomas Franz-Riegler überrascht mit witzigen Reimen, Walter Nagel unterhält mit einem (an Pirron & Knapp erinnernden) kabarettistischen Lied über die Tücken eines Thermalbadbesuches und Remasuri lässt den lieben Gott im Burnout auf witzige Weise über die von ihm geschaffene Menschheit reüssieren … um nur einige nennen! Fazit: »Mischkulanz« ist in der Tat eine gelungene Mischung. Einfach hinsetzen, am besten – nomen est omen – mit einem Spritzer, einem Gin Tonic oder einem Tequila Sunrise, und anhören! Rezension: Robert Anders in: Morgenschtean U74-75/ 2022 Dialekt schmeckt 4 – MISCHKULANZ Eiffelbaum Records, 2022 EAN: 9120034630767 21 Tracks | € 14,99 erhältlich im Hoanzl-Shop (hoanzl.at)

  • "RADLN AUF WEGALN"

    »Pättkesfahrt« – so nennt sich das Radfahren auf Sträßchen und Weglein im Platt, und diesen Titel trägt auch der Haiku-Band des Münsterländer Autors Pitt Büerken, den Traude Veran nun ins Wienerische übertragen hat. Als Hintergrundlandschaft und -kultur muss man sich bei der Wiener Ausgabe von Veran aber keineswegs das Münsterland vorstellen, denn die Autorin hat ihr »Radln auf Wegaln« in Wien und im Südburgenland angesiedelt. Insgesamt sind die Senryū und Haiku in sechs Kapitel unterteilt, zwei davon heißen »allaweu« und »nochdenkn«, die restlichen vier sind den Jahreszeiten gewidmet. Besonders spannend ist es, wenn man beide Publikationen vor sich liegen hat, dann kann man nachvollziehen, wie Veran die Haiku von Büerken für das Wienerische angeglichen hat. Kommt es dem Autor im Original so vor, als stünde Annette noch immer hinterm Fenster des Hauses Hülshoff, begegnen wir bei Traude Veran auf einer Fahrt durch den Dritten Ilse Aichinger und ihrer Zwillingsschwester Helga. Aus den Nachrichten auf WDR2 wird die Zeit im Bild, und während die Sonne sich bei Büerken leise am Horizont senkt, versteckt sie sich bei Veran bereits hinterm Schilf. »Radln auf Wegaln« kann man gemütlich zu Hause lesen. Oder aber, man legt das Büchlein in einen gut gefüllten Picknickkorb, radelt selbst los und sucht sich ein schönes Leseplätzchen. Rezension: Margarita Puntigam-Kinstner in: Morgenschtean U74-75/ 2022 Hinweis. Lesen Sie dazu auch Traude Verans Artikel "Gedanken zur Dialektdichtung", in dem sie u.a. auch über ihre Arbeit an dieser Übertragung berichtet. Pitt Büerken / Traude Veran: RADLN AUF WEGALN Pättkesfahrt im Wiener Dialekt Wien: Ö. Haiku Gesellschaft, 2022 ISBN: 978-3-9504782-4-2 39 S. | € 14,00 bestellen bei: oesterr-haikuges@gmx.at Pitt Büerken: PÄTTKESFAHRT Agenda Verlag, 2021 ISBN: 978-3-89688-7150 99 S. | € 15,40

  • "SCHWOAZZE LECHA"

    Ein Wiener Sich-selbst-laut-Vorlesebuch ist es also, »schwoaZZe lecha« von Christian Hemelmayr. Kurz hineinlesen ist gar nicht so leicht, denn »schwoaZZe lecha« ist ganz anders als das, was man von Dialektlyrik gewöhnt ist. Am besten ist es, man nimmt sich etwas Zeit, setzt sich in einen Sessel und liest sich tatsächlich selbst laut vor, das macht man ohnehin viel zu selten. »schwoaZZe lecha« ist nämlich manchmal gar nicht so leicht zu entziffern. Sollte man doch ganz auf der Leitung stehen, helfen die charakteristischen Illustrationen von Heinz Wolf. Schmunzeln musste ich, als ich das ein oder andere sehr fremdsprachig wirkende Wort plötzlich verstanden habe, mehrmals vor mich hinmurmelnd. Aber nicht nur die Art und Weise, wie der Wiener Dialekt zu Papier gebracht wurde (spricht man es tatsächlich so aus, wie es dasteht, kann plötzlich ein nicht-wienerischer Mensch gar nicht so schlecht Wienerisch!), auch der Inhalt könnte Wien nicht näher sein: Es beginnt bei der Kindheit und endet beim Tod, erzählt aus dem »supamoagd« oder von der »berufswoe«, mit a wengal Wiener Schmäh und a bissal Wiener Grant. Rezension: Lea Bacher in: Morgenschtean U76-77/ 2023 Christian Hemelmayr: schwoaZZe lecha ein literarischer soundtrack vieler leben mit Illustrationen von Heinz Wolf Verlagshaus Hernals, 2023 ISBN: 978-3-903442-18-4 | 144 S. | € 24,80

  • "DIE ROTTE"

    Elfi Reisinger wächst auf einem heruntergewirtschafteten Hof auf. Der Vater leidet unter Depressionen, die Mutter ist diejenige, die alles mühevoll zusammenhält, jedoch kein Verständnis für die Krankheit ihres Mannes hat. Schließlich nimmt sich Elfis Vater das Leben (so heißt es zumindest); sein Körper wird erst Monate später am Grund des Sees gefunden. Zu dieser Zeit ist Elfi bereits verheiratet, doch auch ihre Ehe ist nicht glücklich, denn ihr Mann Franz wird in der Rotte nicht akzeptiert und häuft Schulden an. Als Franz nach einem Schlaganfall stirbt, bleibt Elfi allein mit ihrer kranken Mutter, dem neugeborenen Sohn und der Verantwortung für den verschuldeten Hof und das Vieh zurück. Wie schon nach dem Tod des Vaters drängt der Firnbichler-Bauer, den Seegrund an ihn zu verkaufen – anfangs noch durch Zureden, schließlich mit Drohungen und regelrechtem Psychoterror. Marcus Fischer hat für seinen Roman »Die Rotte« einen sehr österreichischen, aber auch sehr poetischen Ton gewählt. Erzählzeit ist das Perfekt, viele Ausdrücke sind umgangssprachlicher Natur. Die Dialoge sind zwar nicht im Dialekt niedergeschrieben, deuten diesen jedoch an. Elfi, die – wie schon ihr Vater – an schweren Depressionen leidet, verbarrikadiert sich am Hof. So lernen wir sie am Beginn des Romans kennen, denn Elfis Schicksal wird in Rückblenden erzählt. Marcus Fischer nähert sich seiner Protagonistin mit unheimlich zartem Einfühlungsvermögen. Dem gegenüber stehen die brutalen Reaktionen der Dorfbewohner und Dialoge, die so lebensecht sind, dass man meinen könnte, man stünde direkt daneben. Die Rotte geht an die Nieren und ans Herz. Da schmerzts und gruselts beim Lesen, aber so richtig. Denn selbst, wenn die Handlung frei erfunden ist, weiß man doch, dass der Roman die brutale Lebensrealität in einem Provinznest in den 70ern realistisch einfängt. Ein absolut intensives und sehr empfehlenswertes Buch – mit einem überraschenden Ende. Rezension: Margarita Puntigam-Kinstner in: Morgenschtean U74-75/ 2022 Lesen Sie dazu auch das Interview mit Marcus Fischer! Marcus Fischer:  DIE ROTTE Roman Leykam, 2022 ISBN: 978-3-7011-8251-0 304 S. | € 23,50

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