"FOR HONEST POVERTY"
Kurz möchte ich den schottischen Volksdichter vorstellen: Robert Burns ward 1759 in Alloway geboren, dieses Alloway liegt im Südwesten Schottlands, und nach einem von mehreren Berufswechseln geprägten wie man so allgemein sagt: unsteten – Leben verstarb er bereits mit 37 Jahren anno 1796 in Dumfries, einem Kaff fast schon an der Grenze zu England. Sein Geburtstag, der 25. Jänner, gilt in manchen Teilen Schottlands als unumgänglicher Gedenktag. Es wird gefeiert und gesoffen und dabei findet sich immer jemand, der die Gedichte von Robert Burns vorträgt.
Auch in Österreich gibt es am 25. Jänner Grund zum Feiern. Dafür sorgt schon die Robert-Burns-Gesellschaft, eigentlich die „Robert Burns Society Austria“, und dafür kümmert sich sein unermüdlicher Übersetzer, der Wiener Dieter Berdel.
Sein erstes Gedicht in diesem Band „For a‘ That and a‘ That“ wurde übrigens schon einmal übersetzt – ins Hochdeutsche, und eigentlich ist es keine Übersetzung, sondern eine mehr oder weniger freie Nachdichtung, und so entstand das trotzige „Trotz alledem“ von Ferdinand Freiligrath.
Dieter Berdel scheut allerdings Nachdichtungen, er neigt eher zu Interlinearversionen, die er im Notfall durch pointierte Improvisierungen ergänzt. Die sind auch notwendig, weil die deutsche Sprache schon allein wegen der umständlichen Verba viel länger ausfällt als etwa das prägnante Englische oder das Schottische und daher strenge Interlinearversionen zu knapp ausfallen würden. Die Methode „genaue Übersetzung, ergänzt durch Improvisation“ funktioniert so nebenbei bei einer Übertragung von einem Dialekt in einem anderen gleichgesinnten Dialekt etwas besser, gibt es doch mehr Variationsmöglichkeiten und Gestaltungsfreiheiten. Das schon erwähnte „For a‘ That and a‘ That“ übersetzt Dieter Berdel mit einem „Deswegn, jo, deswegn“.
Und so kann ich beim Lesen der Dialektgedichte tatsächlich im Fluss der Wörter mitschwimmen, manchmal sogar ein bisschen tanzen, und zwei- oder dreimal darf ich auch ein Glas mit Whiskey füllen, in der Hoffnung, dass dabei kein rhythmischer Unfall passiert.
Jetzt wird es Zeit, dass ich den Gedichtband vorstelle. Er heißt „for honest poverty“, ein Titel, der natürlich auch mißverstanden werden kann. Darüber sinniert Cornelius Obonya, auch ein Verehrer der Werke von Robert Burns, in seinem Vorwort: „Was heißt das: Für ehrliche Armut?“
Antworten finden wir in so manchen der übersetzten Texte, die Dieter Berdel zum besseren Verständnis oft kommentiert, sonst würde unsereiner nur den sagenhaften Bahnhof - wie heißt der auf Schottisch? - verstehen. So in seinem „Klogeliad fia n Willie Nicol sei bfeat“. Besagter William Nicol nannte sein Pferd „Peg Nicholson“, denn eine Peg Nicholson hatte 1786 versucht, den König George III. zu erstechen.
Nützlich und hilfreich ist für mich, dass Dieter Berdel an den Schluss des Bandes zwei Glossarien rückt: Zuerst die Auflistung von Wörtern aus dem schottischen Dialekt, dann logischerweise äquivalentarisch aus dem Wiener Dialekt.
Und nach der Lektüre dieses Bandes ist für mich klar, was ich am 25. Jänner zu tun gedenke: Ich werde an einem der „Burns Suppers“ teilnehmen. Deswegn, jo, deswegn.
Rezension: Beppo Beyerl in: Morgenschtean U70-71/ 2021
Robert Burns / Dieter Berdel
"For Honest Poverty"
Scottish-Wienerische Gedichte über
Armut, Freiheit und Politik
mit einem Vorwort von Cornelius Obonya
Scottish Dialect / Wiener Dialekt
ISBN: 978-3-9502886-4-3
134 Seiten, 1. Auflage 2021
Preis: Euro 15,- zzgl. Versandkosten
Bestellungen unter info@robertburns.at
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